Das sagte der Jesuit in einem gemeinsamen Interview mit Psychiater Stefano Lassi in der Zeitung "Avvenire" (Samstag). Gemeinsam mit drei weiteren Wissenschaftlern hatten Zollner und Lassi internationale Studien untersucht, in denen Tests für die Zulassung von Priesteramtskandidaten analysiert wurden.
Weit verbreitete Praxis im Berufungsprozess
Grundsätzlich sei die Bewertung des Persönlichkeitsprofils von Priester- und Ordenskandidaten eine weit verbreitete Praxis im Berufungsprozess, so die Wissenschaftler. Der Mangel an einheitlichen und gemeinsamen Bewertungskriterien berge aber eine große Gefahr, weil so die Wahl der Instrumente der Initiative der einzelnen Ausbildungsverantwortlichen überlassen bleibe. Dies könne, neben den daraus resultierenden Ausbildungslücken, möglicherweise sehr schwerwiegende Folgen haben.
Neben dem Fehlen von spezifischen Eignungsprüfungen für künftige Priester, gebe es zudem keine Tests, mit denen das Risiko des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen genau bewertet werden könne. Die Welt der Ausbildung in religiösen Fraueninstituten sei nahezu völlig unerforscht.
Zollner kritisiert langjährige Versäumnisse bei der Priesterausbildung
Insgesamt sei bei der Priesterausbildung viel zu lange versäumt worden, grundlegende Fragen wie etwa Sexualität, Familiengeschichte, Persönlichkeit, affektive Reife, Kommunikations- und Interaktionsfähigkeit, Umgang mit Emotionen und Beziehungen anzusprechen, so Zollner und Lassi. Dies sei in vielen Ausbildungskreisen erst in den letzten zehn Jahren geschehen.
Der deutsche Jesuit Zollner leitet das Institut zum Schutz vor Missbrauch der päpstlichen Universität Gregoriana. Lassi lehrt an dem Institut und gehört der landesweiten Fachstelle für Kinderschutz der italienischen Bischofskonferenz an.