Umbenennung Berliner Straßen mit antisemischem Bezug beginnt

Aufklärung und Aufarbeitung

Gut ein Jahr nach der Veröffentlichung einer Studie zu Berliner Straßennamen mit antisemitischen Bezügen beginnen Prozesse zu Umbenennungen und Kontextualisierungen. Zwei Umbenennungen seien bereits erfolgt, zwei weitere beschlossen.

Berlin: "Treitschkestraße" steht auf dem Straßenschild in Steglitz / © Annette Riedl (dpa)
Berlin: "Treitschkestraße" steht auf dem Straßenschild in Steglitz / © Annette Riedl ( dpa )

Der Berliner Antisemitismusbeauftragte Samuel Salzborn bilanzierte am Mittwoch, dass darüber hinaus diverse Prüfverfahren und Debatten liefen. Zuständig für Umbenennungen sind die Bezirke.

40 Umbenennungen empfohlen

Samuel Salzborn, Ansprechpartner zu Antisemitismus des Landes Berlin, spricht bei einer Pressekonferenz / © Britta Pedersen/dpa-Zentralbild (dpa)
Samuel Salzborn, Ansprechpartner zu Antisemitismus des Landes Berlin, spricht bei einer Pressekonferenz / © Britta Pedersen/dpa-Zentralbild ( dpa )

Eine im Dezember 2021 veröffentlichte Studie im Auftrag Salzborns listet 290 Straßen- und Platznamen in der Hauptstadt auf, bei denen sich antisemitische Bezüge feststellen ließen, darunter die Martin-Luther-Straße, die Richard-Wagner-Straße oder der Kaiserdamm. Das Gutachten empfiehlt in etwa 40 Fällen eine Umbenennung. Die Studie hatte eine intensive, teils kontroverse Debatte über das Thema ausgelöst. Salzborn zeigte sich darüber erfreut.

Jahrelange Diskussion

Umbenannt wurden in den vergangenen Monaten in Spandau der Elkartweg, Namensgeber ist Karl Elkart (1880-1959), in Erna-Koschwitz-Weg sowie in Zehlendorf der nach dem Freicorpsführer Georg Ludwig Rudolf Maercker (1865-1924) benannte Maerckerweg in Maria Rimkus-Weg, eine "Gerechte unter den Völkern". Die Bezirksverordnetenversammlung
Pankow hat zudem die Umbenennung der Robert-Rössle-Straße sowie der Treitschke-Straße beschlossen. Eine Umbenennung der nach dem Historiker und Publizisten Heinrich von Treitschke (1834-1896) benannten Straße wird seit Jahrzehnten diskutiert. 

Lehrpfad und Austausch über Luther

Ebenfalls beschlossen ist die Errichtung eines Geschichtslehrpfads an der Pacelli-Allee in Steglitz-Zehlendorf. Er befasst sich mit Eugenio Pacelli, von 1920 bis 1929 Nuntius im Deutschen Reich, und seiner Rolle als Papst Pius XII. während der NS-Zeit. Salzborn berichtete, dass er zudem in einem konstruktiven Austausch mit dem evangelischen Berliner Bischof Christian Stäblein über den Reformator Martin Luther und dessen Antijudaismus stehe. Er freue sich, dass sich der Bischof für erklärende Kontextualisierungen bei Luther-Straßen ausgesprochen habe. "Luther ist ein großer Problemfall aus meiner Sicht als Antisemitismus-Forscher", so Salzborn.

Umfangreiches Projekt geplant

Die Berliner Regionalmuseen planen ein umfangreiches Projekt, um die Debatte auch historisch aufzuarbeiten, wie die Leiterin des Stadtgeschichtlichen Museums, Urte Evert, ankündigte. Umbenennungen seien schon immer Themen in der Stadtgeschichte gewesen. Große Wellen habe es unter anderem ab 1933 sowie nach 1990 gegeben. Um die Problematik bestimmter Straßennamen zu erklären, wurde zudem der digitale Stadtführer "Berlin History App" entsprechend angepasst.

Quelle:
KNA