Stadt Oelde lehnt Umbenennung von drei Bischofsstraßen ab

Knappes Votum

Die westfälische Stadt Oelde hat eine Umbenennung der Michael-Keller-, der Joseph-Höffner- und der Heinrich-Tenhumberg-Straße abgelehnt. Der leitende Pfarrer der Stadt, André Pollmann, zeigte sich von der Entscheidung enttäuscht.

Kardinal Joseph Höffner im Jahr 1982 / © N.N. (KNA)
Kardinal Joseph Höffner im Jahr 1982 / © N.N. ( KNA )

18 Stadträte stimmten mit Ja und 18 mit Nein, wie die Stadt mitteilte. Zwei enthielten sich. Den ehemaligen Münsteraner Bischöfen Michael Keller (Amtszeit 1947-1961), Joseph Höffner (1962-1969) und Heinrich Tenhumberg (1969-1979) wird ebenso wie Bischof Reinhard Lettmann (1980-2008) Vertuschung von Missbrauchstaten vorgeworfen.

Weihbischof Heinrich Tenhumberg, Leiter des katholischen Büros in Bonn und Bundeskanzler Ludwig Erhard im Jahr 1966 / © N.N. (KNA)
Weihbischof Heinrich Tenhumberg, Leiter des katholischen Büros in Bonn und Bundeskanzler Ludwig Erhard im Jahr 1966 / © N.N. ( KNA )

Forschende der Universität Münster kommen in einer Aufarbeitungsstudie zu diesem Ergebnis. Vergangenen Juni hatten sie die Untersuchung im Auftrag des Bistums veröffentlicht. Die Bischöfe hätten verurteilte Geistliche immer wieder in der Seelsorge eingesetzt und damit weitere Taten ermöglicht, heißt es darin. Sie seien für eine «klerikale Vertuschungsgeschichte» verantwortlich.

Der leitende Pfarrer aus Oelde, André Pollmann, zeigte sich gegenüber DOMRADIO.DE enttäuscht von der Entscheidung. "Die Straßen hätten umbenannt werden müssen. Die Grundlage dafür, dass die betreffenden Bischöfe durch die Straßenbenennung geehrt werden, ist nicht mehr da. Von diesen Bischöfen wissen wir, wissenschaftlich belegt, dass sie sich schuldig gemacht haben, dass sie vertuscht haben, dass sie dafür gesorgt haben, dass viele Täter versetzt wurden und weiterhin solche Fälle geschehen konnten."

"Ich kann damit leben und es akzeptieren, wenn gesagt wird, dass man versucht, eine andere Form zu finden, um die Straßennamen so beizubehalten. Aber wir versuchen trotzdem darauf hinzuweisen, dass diese Personen für entsprechende Dinge verantwortlich sind", ergänzte der Pfarrer.

Es sei die Chance vertan worden, "anders damit umzugehen. Das Fehlverhalten der Bischöfe hätte man auf diese Weise aufarbeiten können, auch als Stadtgesellschaft. Auch bei uns in der Stadt gab es Beschuldigte und es gibt bis heute Betroffene. Sich wirklich mal in deren Perspektive hineinzuversetzen und aus deren Perspektive das Ganze zu betrachten – das hat hier zu wenig stattgefunden."

Bischofsstiftung bekommt neuen Namen

Um eine Straße, die einem früheren Münsteraner Bischof gewidmet ist, geht es am Donnerstag auch in Vreden. Dort bespricht der Stadtrat die Umbenennung der Bischof-Tenhumberg-Straße im Dorf Lünten. Bei einer Informationsveranstaltung in der vergangenen Woche war auch der Interventionsbeauftragte des Bistums Münster, Peter Frings, zugegen.

Die Bischof-Heinrich-Tenhumberg-Stiftung in Münster, die Schwangere und Familien unterstützt, hat sich bereits zu einer Umbenennung entschieden. Derzeit wird ein neuer Name gesucht. Auch andere Städte und Gemeinden haben Straßenumwidmungen beschlossen, etwa Kevelaer, Hildesheim und Duderstadt.

Bischof Michael Keller (Aufnahmedatum unbekannt) (KNA)
Bischof Michael Keller (Aufnahmedatum unbekannt) / ( KNA )

In diesen drei Städten waren Straßen nach dem ehemaligen Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janssen (Amtszeit 1957-1982) benannt. Er ist der einzige deutsche Bischof, dem selbst sexueller Missbrauch von Minderjährigen angelastet wird. Die Vorwürfe konnten bislang jedoch nicht sicher bestätigt werden.

Studie: Flächendeckender Missbrauch im Bistum Münster

Die Zahl der beschuldigten Priester und Missbrauchsopfer im Bistum Münster ist nach einer Studie der Universität Münster deutlich höher als bekannt. Laut der über zwei Jahre dauernden Forschungsarbeit eines fünfköpfigen Teams gab es von 1945 bis 2020 fast 200 Kleriker und bekannte 610 minderjährige Opfer von sexuellem Missbrauch. Damit sind 4,17 Prozent der Priester betroffen. Die Dunkelziffer ist erheblich höher. Die Forscher gehen von 5000 bis 6000 Opfern aus.

 Studie zu Macht und sexuellem Missbrauch in Münster
 / © Lars Berg (KNA)
Studie zu Macht und sexuellem Missbrauch in Münster / © Lars Berg ( KNA )
Quelle:
KNA