#outinchurch kritisiert an Ostern katholisches Menschenbild

"Braucht Änderung im Katechismus"

Ostern ist das Fest der Hoffnung. Diese allein reicht der Initiative #outinchurch nicht. Es muss sich noch mehr tun, meint Pfarrer Mönkebüscher im Interview. Was die Sexualität anginge, brauche es sogar eine Änderung des Katechismus.

Homosexuelles Paar / © LikClick (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Es braucht viel Mut, um so eine Aktion wie #outinchurch zu starten. Wie viel österliche Hoffnung haben Sie gebraucht, um diesen Schritt zu gehen? 

Pfarrer Bernd Mönkebüscher, Mitinitiator von #OutInChurch / © Bernd Thissen (dpa)
Pfarrer Bernd Mönkebüscher, Mitinitiator von #OutInChurch / © Bernd Thissen ( dpa )

Bernd Mönkebüscher (Pfarrer in Hamm und Mit-Initiator von #outinchurch): Es braucht, wie Sie sagen, viel Mut. Es braucht vor allen Dingen viele Menschen, die mitgehen. Das war ja das Starke bei #outinchurch, dass Menschen sich zusammengetan und allen Mut zusammengefegt haben, den sie haben. Und auch alle Hoffnung, weil sie sagen: Das was uns prägt und ausmacht, wird in der Kirche nicht gesehen oder nicht so gesehen, wie es verdient wird, gesehen zu werden. Sie haben sich gemeinsam stark gemacht und ermutigt, diesen Weg nach außen zu gehen, von dem ein Mitglied sagt: Es ist wie ein Aufatmen im Land der Freiheit, auch nach außen hin zu sich stehen zu können. 

Bernd Mönkebüscher (Pfarrer in Hamm und Mit-Initiator von #outinchurch)

"Viele Menschen haben sich ermutigt, diesen Weg nach außen zu gehen, von dem ein Mitglied sagt: Es ist wie ein Aufatmen im Land der Freiheit."

#OutInChurch

Es ist eine große konzertierte Aktion: Auf einer Internetseite und im Rahmen einer Fernsehdokumentation haben sich 125 Menschen in der katholischen Kirche geoutet. Sie alle sind haupt- oder ehrenamtlich in der Kirche tätig und zugleich Teil der queeren Community, wie die Initiative "#OutInChurch - für eine Kirche ohne Angst" mitteilte. Die Initiative fordert unter anderem, das kirchliche Arbeitsrecht so zu ändern, "dass ein Leben entsprechend der eigenen sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität" nicht zur Kündigung führe. (KNA, 24.1.2022)

 © Julia Steinbrecht (KNA)
© Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Also Hoffnung braucht als Dünger auch Gemeinschaft?

Mönkebüscher: In jedem Fall. Das ist ja das, was unser christlicher Glaube ausmacht; dass wir sagen, allein kann ich kaum glauben. Es braucht die Bestärkung durch die anderen, es braucht auch die Korrektur durch die anderen. Es ist ein Miteinander und miteinander ereignet sich viel mehr, als wenn man allein unterwegs wäre. 

DOMRADIO.DE: #outinchurch ist von vielen Menschen außerhalb, aber auch innerhalb der Kirche sehr positiv aufgenommen worden. Die Grundordnung, die nach und nach von Bistümern umgesetzt wird und die sich  weitgehend aus dem Privatleben der Beschäftigten raushält, ist auch schon umgesetzt worden. Würden Sie sagen, Ihre Hoffnung wurde erfüllt? 

Mönkebüscher: Nein. Man muss ehrlicherweise sagen, dass die Bischöfe an der Grundordnung ja schon vor #outinchurch dran waren, weil sonst die Gerichte auch Entscheidungen getroffen hätten. Denen sind die Bischöfe jetzt zuvorgekommen. Es ist sicherlich ein Erfolg. Damit ist eine der sieben Kernforderungen, die wir von #outinchurch formuliert haben, halbwegs erfüllt.

Raus fallen bei der Grundordnung aber die Dozierenden an den Hochschulen, die direkt das "Nihil obstat" von Rom bekommen (eine Art Unbedenklichkeitserklärung, Anm.d.Red.). Raus fällt die Personengruppe der Priester, da hat sich überhaupt nichts verändert. Es gibt nach wie vor - das wurde von Papst Franziskus noch mal bekräftigt - die Maßgabe, dass homosexuelle Männer nicht geweiht werden können. Raus fallen immer noch Transmenschen, die in der Kirche nicht so gesehen werden, wie sie gesehen werden müssen -– nämlich als Menschen, als Kinder Gottes, die lernen, zu sich zu stehen, aber immer noch auf Ablehnung stoßen in einem doch sehr binär ausgerichteten Menschenbild. 

Pfarrer Bernd Mönkebüscher von der Initiative #OutInChurch

"Aus der Grundordnung fallen immer noch Transmenschen, die in der Kirche nicht so gesehen werden, wie sie gesehen werden müssen."

DOMRADIO.DE Wie groß ist da Ihre Hoffnung, dass sich da in absehbarer Zeit etwas bewegt? 

Mönkebüscher: Erst wenn wir keine Hoffnung mehr haben, kann man den Laden zumachen. Ich glaube, es hat sich in den letzten Jahren schon einiges verändert. Jetzt sind eher nochmal dickere Bretter zu bohren, weil es eben tiefer geht. Hier geht es um eine Lehre, ein rein binäres Menschenbild, das sich über Jahrhunderte geformt hat.

Wir haben an Ostern in der Osternacht die Schöpfungsgeschichte gehört, die ja viel mehr hergibt. Gott schafft ja nicht nur Tag und Nacht, aber Tag und Nacht werden erwähnt und alles dazwischen ist genauso geschaffen. Er schafft nicht nur Meer und Land, erschafft nicht nur Licht und Finsternis, sondern all die Schattierungen dazwischen. Die neue Einheitsübersetzung bringt es auf den Punkt, indem sie sagt: Gott schafft den Menschen weiblich und männlich. Das ist eine andere Aussage. Da ist viel mehr Spielraum drin, um zu realisieren, was der Schöpfungsbericht hergeben kann.

Mitglieder der Initiative #outinchurch übergeben eine Petition an die deutschen Bischöfe / © Julia Steinbrecht (KNA)
Mitglieder der Initiative #outinchurch übergeben eine Petition an die deutschen Bischöfe / © Julia Steinbrecht ( KNA )

 

DOMRADIO.DE Jetzt haben wir gerade schon gehört, Hoffnung haben allein reicht nicht. Man muss sich auch ein Herz fassen und mit Mut voranschreiten. Welchen Schritt macht #outofchurch als nächstes? Was ist da zu erwarten? 

Pfarrer Bernd Mönkebüscher von der Initiative #OutInChurch

"Für uns steht immer noch die Aufarbeitung der Schuldgeschichte aus."

Mönkebüscher: Wir haben im Januar 2023 zum ersten Mal überhaupt von denen, die dies ermöglichen konnten, eine Präsenzveranstaltung gehabt. Das lief ja vorher alles immer über Online-Konferenzen. Wir sind dabei, dass #outinchurch einen Verein gründet. Und wir sind dabei zu schauen, wie die übrigen Kernforderungen - es sind ja insgesamt sieben - realisiert werden können. Das geht bis dahin, dass wir sagen, der Katechismus braucht eine Veränderung. Dass eben das Menschenbild hinsichtlich der Sexualität, der Homosexualität oder der Transsexualität seitens der Kirche einer Änderung und Korrektur bedarf.

Für uns steht immer noch die Aufarbeitung der Schuldgeschichte aus. Menschen wurden und werden bis heute verletzt. Es war ein bisschen überraschend, dass im letzten Jahr ganz schnell Bischöfe und Generalvikare auftraten und sagten: Ja, natürlich sind bei uns queere Menschen willkommen. Das sind aber dieselben, die bis zum Tag davor alles im Ungewissen gelassen haben und wo wirklich jedem, der sich outete, hätte blühen können, seine Stellung zu verlieren. 

Das Interview führte Heike Sicconi. 

Quelle:
DR