Studienleiter erklärt neues Fach "Theologia Spiritualis"

Studium nach römischem Vorbild

Die Universität Augsburg bietet einen berufsbegleitenden Studiengang der spirituellen Theologie an. Wolfgang Vogl ist Leiter des Studiengangs und erklärt die Schwerpunktsetzung sowie das römische Vorbild des Studiengangs.

Symbolbild Bücherstapel in einer Bibliothek / © Julia Steinbrecht (KNA)
Symbolbild Bücherstapel in einer Bibliothek / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was steckt hinter dem Studiengang "Spirituelle Theologie"?

Prof. Dr. Wolfgang Vogl (Leiter des Studiengangs "Spirituelle Theologie" an der Universität Augsburg): Das ist eine Disziplin innerhalb der katholischen Theologie, die noch nicht so alt ist und sich schon im 17. und 18. Jahrhundert entwickelt hat. Ziel war es, die Erfahrungen im geistlichen Leben systematisch zu betrachten und lehremäßig zu entfalten.

In den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhundert war es dann die Zeit unter Pius XI., in der diese wissenschaftliche Teildisziplin ganz besonders ausgeprägt worden ist. Diese Disziplin beschäftigt sich also damit, dass wissenschaftlich-theologisch die Erfahrungen untersucht werden, die Menschen in ihrem geistlichen Leben mit Gott sammeln.

Das hat historische, biblische, systematische und psychologische Aspekte, die auf verschiedene Traditionen und Schulen verweisen, in denen Spiritualität, also Leben im Heiligen Geist praktiziert wurde.

DOMRADIO.DE: Auf diesem Gebiet möchten Sie jetzt Leute qualifizieren. An welche Menschen denken Sie da zum Beispiel?

Vogl: Diesen Studiengang gibt es nur in Augsburg, weil hier im Jahr 2011 eine Stiftungsprofessur "Theologie des geistlichen Lebens" eingerichtet wurde. Das ist nichts anderes als "spirituelle Theologie". Von Anfang an gehörte der Gedanke dazu, einen Masterstudiengang mit anzubieten.

Wir wollen dabei die Menschen ansprechen, die ein Vertiefungsstudium machen möchten, teilweise auch auf Grundlage eines vollen Theologiestudiums. Wir wollen aber auch diejenigen erreichen, die nicht die Möglichkeit haben, sich zwei oder drei Jahre dafür freistellen zu lassen.

Es gibt in Rom ja das Lizenziat in Spiritueller Theologie, aber da ist man zwei Jahre voll als Student eingespannt. Diese Lücke möchten wir gerne füllen, indem wir das berufsbegleitend anbieten.

Prof. Dr. Wolfgang Vogl (Leiter des Studiengangs)

"Es kommt immer mehr vor, dass ein Bischof ganz bewusst jemanden zu diesem berufsbegleitenden Studium schickt."

DOMRADIO.DE: Das sind beispielsweise Leute, die im Orden sind oder eine Tätigkeit als Pastoralreferent oder Pastoralreferentin ausüben?

Studierende, darunter auch Ordensmänner und eine Ordensschwester / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Studierende, darunter auch Ordensmänner und eine Ordensschwester / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Vogl: Wir sprechen damit zusätzlich alle an, die sich aus persönlichen Gründen dafür interessieren. Es genügt ein geisteswissenschaftlicher, berufsqualifizierender Studienabschluss.

Ansprechen möchten wir ganz besonders auch Studierende, die in Orden, in geistlichen Gemeinschaften sind, aber auch in Diözesen. Das Angebot spricht sich immer mehr rum und es kommt immer mehr vor, dass ein Bischof ganz bewusst jemanden zu diesem berufsbegleitenden Studium schickt, um eine neue Qualifikation zu erlernen.

So hat beispielsweise ein Bischof seinen Kirchenmusikdirektor geschickt, damit er sich in geistlicher Theologie qualifiziert.

DOMRADIO.DE: Berufsbegleitend bedeutet ja, dass Beruf und Studium vereinbar sein müssen. Wie haben Sie das organisiert?

Vogl: Wir haben vor allem die klassischen Ferienzeiten als Lernzeiten in den Blick genommen. Die Faschingsferien zum Beispiel, manchmal auch die Osterferien und natürlich die große Zeit im August und im September.

Das zweite Element ist, dass wir dann die Lehreinheiten immer von Donnerstagfrüh bis Samstagabend legen, sodass man sich nur einen kurzen Urlaub nehmen muss.

DOMRADIO.DE: Was sind die wichtigsten Schwerpunkte in dem Masterstudiengang?

Vogl: Der Studiengang orientiert an diesem Vorbild in Rom, dem Lizenziat Studium in spiritueller Theologie. Das ganze Curriculum geht zunächst von der biblischen Grundlegung aus, also von historisch kritisch untersuchten geistlichen Erfahrungen in der Bibel.

Zunächst geht es ganz organisch in die Geschichte, in die frühchristliche Spiritualität, über das Mittelalter bis in unsere heutige Zeit hinein. Dann wollen wir einen systematischen Blick auf die Spiritualität werfen, indem wir nicht mehr biblisch-historisch vorgehen, sondern nach großen systematischen Kriterien, beispielsweise was die Grundprinzipien des geistlichen Lebens sind. Auch die geistliche Anthropologie ist eine ganz wichtige Frage, die Grundlagen des Menschen.

Ein weiterer Bestandteil ist der Dialog mit Gott, also die ganze Gebetstradition und alles, was wir als "Mystik" bezeichnen. Der letzte wichtige Punkt ist der geistliche Fortschritt mit dem Schwerpunkt, wie ein Mensch durch das geistliche Leben, durch den Kontakt mit Gott zur Heiligkeit gelangen kann. In dem Zusammenhang steht auch die Frage, was uns die Psychologie über diese Zusammenhänge aus ihrem Blickwinkel sagen kann.

Es ist also ein komparatives Studium. Wir schauen über den Tellerrand. Spiritualität gibt es ja auch außerhalb der Kirche und des Christentums. Es gibt zum Beispiel philosophische Spiritualität in der griechischen Antike. All diese Dinge sind mit einbezogen.

Wir bieten einen sehr großen Querschnitt, indem alle Bereiche berührt werden, die zu einem solchen Studiengang dazugehören.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Quelle:
DR