Adveniat sieht Demokratie in Lateinamerika in Gefahr

Nicaragua, El Salvador oder Venezuela

Das kirchliche Hilfswerk Adveniat sieht die Demokratie in fast allen Ländern Lateinamerikas bedroht. Am Mittwoch legte das Hilfswerk die Jahresbilanz 2022 vor. Es wurde weniger gespendet, die Lage in Lateinamerika bleibt angespannt.

Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier SJ, Adveniat-Bischof Franz-Josef Overbeck und Adveniat-Geschäftsführerin Tanja Himer / © Mareille Landau (Adveniat)
Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier SJ, Adveniat-Bischof Franz-Josef Overbeck und Adveniat-Geschäftsführerin Tanja Himer / © Mareille Landau ( Adveniat )

Verächter der Demokratie gebe es auf allen Seiten des politischen Spektrums, sagte Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier am Mittwoch in Essen. Als aktuelle Beispiele nannte er Nicaragua, El Salvador und Venezuela.

Pater Martin Maier / © Andre Zelck (KNA)
Pater Martin Maier / © Andre Zelck ( KNA )

"Wie in allen totalitären Regimen gibt es wenige Profiteure, die sich maßlos bereichern", kritisierte Maier. Es fehlten die Bedingungen für eine wirkliche Demokratie: Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit, öffentliche Sicherheit, Pressefreiheit und ein Minimum an sozialer Gerechtigkeit. Dies seien aber auch die nötigen Rahmenbedingungen für Armutsbekämpfung, so der Adveniat-Geschäftsführer.

Hilfe für Nicaragua schwierig

Hilfe für die Partnerorganisationen und die Menschen in Nicaragua zum Beispiel gestaltet sich schwierig. Nicaraguas Regierung um Präsident Daniel Ortega hatte den Bischof Rolando Jose Alvarez zuletzt zu 26 Jahren Haft verurteilen lassen, weil er sich kritisch über die Lage der Menschenrechte im Land geäußert hatte. Nach weiteren kritischen Worten von Papst Franziskus musste die Vatikan-Botschaft im Land schließen.

Nicaragua kappt diplomatische Beziehungen mit Vatikan

Nicaragua hat wohl die diplomatischen Beziehungen zum Heiligen Stuhl gekappt. Grund ist ein Interview des Papstes, in dem er das Regime mit ehemaligen kommunistischen Diktaturen und dem Nationalsozialismus verglichen hatte. Das berichtet die Zeitung "La Presa" aus Managua unter Berufung auf diplomatische Kreise in Rom.

Fahne Nicaraguas / © BUTENKOV ALEKSEI (shutterstock)

Wie die örtliche Caritas hätten bislang rund 3.200 kirchlich geförderte Einrichtungen und Organisationen im Land ihre Arbeit einstellen müssen, erinnerte der Adveniat-Bischof Franz-Josef Overbeck. Dabei sei die Kirche der zivilgesellschaftliche Player, dem weite Teile der Bevölkerung vertrauten, so Overbeck.

Hauptgeschäftsführer Maier betonte zugleich, man versuche im Umgang mit der Regierung in Nicaragua, die hohen Auflagen für ausländische Partner einzuhalten und auch die Organisationen vor Ort in dieser Hinsicht zu ertüchtigen. Dennoch sei die derzeitige Krise in den Beziehungen schwierig zu händeln.

Höhere Fördersumme trotz gesunkener Spenden

Anlass der Äußerungen war die Jahresbilanz von Adveniat für 2022, die am Mittwoch vorgelegt wurde. Demnach hat Adveniat im vergangenen Geschäftsjahr 2022 weniger Spenden eingenommen als im Vorjahr. Zwischen Oktober 2021 und September 2022 sind insgesamt knapp 34,1 Millionen Euro über die verschiedenen Spendenkanäle der Organisation eingegangen. Im Vorjahr waren es noch knapp 37,3 Millionen. Die Gesamterträge seien hingegen im Vergleich zum Vorjahr von 43,7 auf knapp 45,7 Millionen Euro gestiegen. Das liege daran, dass die Hilfsorganisation sich strukturell besser aufgestellt habe, sagte Adveniat-Geschäftsführerin Tanja Himer. Rund 1.500 Projekte in Lateinamerika und der Karibik würden gefördert.

Zurück auf Weltkarte des Hungers

Bischof Franz-Josef Overbeck / © Max von Lachner (SW)
Bischof Franz-Josef Overbeck / © Max von Lachner ( SW )

Zudem setzten wegen der massiven Preissteigerung für Lebensmittel und Energie infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine die von Adveniat geförderten Projekte vermehrt wieder bei den elementaren Grundbedürfnissen an, sagte Bischof Overbeck. Auch die Corona-Krise habe dafür gesorgt, dass Lateinamerika zurück auf der Weltkarte des Hungers sei. Als ein Beispiel für die wirtschaftlichen Folgen des Krieges nannte der Adveniat-Bischof die Lage in Honduras. 70 Prozent der Menschen dort lebten in Armut, mehr als die Hälfte sogar in extremer Armut. Für die Kirche sei es eine moralische Pflicht, stets auch die Länder im Schatten zu benennen.

Keine Heirat mit anderen Hilfswerken

Außerdem gab das Bischöfliche Lateinamerika-Hilfswerk bekannt, dass es auf absehbare Zeit keine enge Verbindung mit anderen großen Werken in Deutschland plant. Man sei seit längerem in einem Prozess vertrauensvoller Zusammenarbeit der sieben kirchlichen Werke, sagte Hauptgeschäftsführer Pater Martin. Darüber hinaus gebe es derzeit keine konkreteren Pläne. Zur jüngsten Absichtserklärung der Werke Misereor und Renovabis sagte Maier unter Bezugnahme auf die Berichterstattung der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), es handele sich ja auch erst um eine Verlobung und noch nicht um eine Heirat.

Misereor und Renovabis hatten am Dienstag angekündigt, enger zusammenrücken zu wollen. In einer in Freising und Aachen veröffentlichten gemeinsamen Pressemitteilung ist von einer Kooperationsvereinbarung die Rede. Am Ende eines zehnjährigen Prozesses könne eine Zusammenführung unter einer Leitung stehen.

Adveniat

Adveniat ist das Hilfswerk der deutschen Katholiken für die Kirche Lateinamerikas. Der Name leitet sich ab von der lateinischen Vaterunser-Bitte "Adveniat regnum tuum" ("Dein Reich komme"). 

Bischöfliche Aktion Adveniat e. V. (Adveniat)
Bischöfliche Aktion Adveniat e. V. / ( Adveniat )
Quelle:
epd , KNA