Weihbischof Wübbe fordert mehr Einsatz für junge Menschen

"Orte schaffen"

Die Woche für das Leben beschäftigt sich 2023 mit den Zukunftsperspektiven junger Menschen. Weihbischof Johannes Wübbe sieht viel Potential der Kirche, ihnen beizustehen. Doch bei Ökumene und Sexualmoral der Kirche gibt es Spielräume.

Jugendliche / © DavideAngelini (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Am Samstag beginnt die Woche für das Leben und feiern Sie Gottesdienst im Osnabrücker Dom Sankt Petrus. Sie sind quasi Gastgeber. Sind Sie jetzt schon in den letzten Vorbereitungen?

Weihbischof Johannes Wübbe (Weihbischof im Bistum Osnabrück und Diözesanadministrator der Diözese sowie Vorsitzender der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz): Natürlich. Die Eröffnung geschieht in dem Gottesdienst. Aber vorher am Nachmittag treffen sich schon junge Menschen, damit sie sich mit diesem Thema nochmal beschäftigen, was sie bewegt, welche Sorgen, welche Zukunftsängste, aber auch welche Visionen und Hoffnungen sie haben.

Da werde ich auch mit anderen dabei sein. Aber alle Vorbereitungen sind sozusagen in der Schlusskurve.

Johannes Wübbe, Weihbischof in Osnabrück / © Harald Oppitz (KNA)
Johannes Wübbe, Weihbischof in Osnabrück / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Die Woche für das Leben will die Schwierigkeiten der Generation Z und deren Lebens- und Gedankenwelt thematisieren. Welche Altersgruppe ist das?

Wübbe: Das ist das Alter zwischen 15 und 30 Jahren. Das ist eine soziologische Beschreibung, dass man diese Gruppe so fasst. Dass wir zu diesem Thema gekommen sind, hat auch etwas damit zu tun, dass gerade in der Zeit von Corona viele junge Menschen Sorgen und Ängste entwickelt haben.

"Woche für das Leben" zur Generation Z (2023)

Die jährliche "Woche für das Leben" ist eine bundesweite Aktion der katholischen und der evangelischen Kirche in Deutschland. Damit treten sie gemeinsam für den Schutz menschlichen Lebens in all seinen Phasen ein.

Aktion "Woche für das Leben" der Kirchen  / ©  Julian Stratenschulte (dpa)
Aktion "Woche für das Leben" der Kirchen / © Julian Stratenschulte ( dpa )

Gleiches gilt gerade auch durch den Krieg in der Ukraine. Wie geht das eigentlich weiter? Habe ich eine friedvolle Zukunft? Wie geht es mit unserer Erde weiter?

Wir haben uns in einer Sitzung der Jugendkommission auch mit Vertretern von Fridays for Future ausgetauscht. Das sind die Sorgen unserer jungen Leute, die wir ernst nehmen möchten.

Aber wir wissen auch, dass es nicht DIE jungen Leute gibt. Es gibt viele, die Sorgen haben, aber auch andere, die leichter mit der Situation umgehen können.

Ich erhoffe mir von dieser Woche, dass die Sorgen und Ängste natürlich ihren Platz haben und wir auch gemeinsam gucken können, wie wir diesen jungen Menschen helfen können.

Ich hoffe aber auch, dass die jungen Menschen zu Worte kommen, die für sich sagen: Ja, ich habe noch eine Idee, wie es auch gut in die Zukunft gehen kann.

DOMRADIO.DE: Für junge Menschen spielt die Kirche immer weniger eine wichtige Rolle. Wie könnten Gemeinden angesichts dieser psychischen und gesellschaftlichen Belastungen konkret helfen? Könnte die Kirche da nicht irgendwie spirituell oder beraterisch eine Rolle einnehmen?

Wübbe: Wir können natürlich vor allem dadurch helfen, indem wir jungen Menschen Orte schaffen, wo sie das aussprechen können, was sie bewegt und dass ihnen dort sowohl Ehren- als auch Hauptamtliche zuhören, die sie ernst nehmen und auch mit ihnen gucken können, was ihnen helfen kann.

Es gibt junge Leute, denen ich über ein Gespräch helfen kann. Und es wird sich vielleicht auch bei der einen oder dem anderen in dem Gespräch zeigen, dass doch nochmal eine ganz andere fachliche Hilfe notwendig ist. Aber da verfügen wir natürlich in den Kirchen auch über große Netzwerke, dass den jungen Menschen geholfen werden kann.

Wir haben auch viele Orte, wo wir sonst mit jungen Menschen in Kontakt kommen. Wenn ich an unsere Schulen denken oder auch in den offenen Treffs. Dort sind auch viele Menschen, die für sie Zeit haben.

Johannes Wübbe, Weihbischof im Bistum Osnabrück und Diözesanadministrator der Diözese

"Da verfügen wir in den Kirchen auch über große Netzwerke, dass den jungen Menschen geholfen werden kann"

DOMRADIO.DE: Die Woche für das Leben ist eine bewusst ökumenisch gestaltete Aktionswoche. Wo könnten die Kirchen aus Ihrer Sicht noch besser zusammenarbeiten? Könnten Sie sich gegebenenfalls auch eine gemeinsame Eucharistiefeier vorstellen?

Wübbe: Es gibt viele Themen, wo wir schon gut zusammenarbeiten und das geht natürlich immer umso konkreter, je besser sich die Menschen kennen und das, was sie ansprechen.

Wir feiern auch gemeinsame Gottesdienste und das Thema "Gemeinsames Abendmahl" ist ein Thema. Aber so weit sind wir noch nicht. Es wird dann eher nochmal darüber nachgedacht, ob es so etwas wie eine eucharistische Gastfreundschaft geben kann. Aber auch das sind sehr heikle Themen.

Gleichzeitig sind das Themen, wo die Ungeduld vieler Gläubigen ganz schön strapaziert ist, weil sie sagen: Warum können wir da keine Lösung finden?

DOMRADIO.DE: Ein Thema, bei dem junge Menschen oft nicht mitgehen, wenn es um die Kirche geht, ist die Sexualmoral der katholischen Kirche. Müsste man da an mehreren Stellschrauben drehen? Viele betrachten sie ja als sehr veraltet.

Wübbe: Das hören wir natürlich von jungen Menschen. Aber das ist auch in der Erwachsenenwelt ein Thema. Gerade über den Synodalen Weg und wenn ich an die Veränderung unseres kirchlichen Arbeitsrechts denke, gibt es dort auch Bewegungen in der Kirche, die in der Spannbreite einigen viel zu langsam gehen und anderen wieder viel zu weit gehen.

Wir müssen da als Verantwortliche in der Kirche mit den Menschen weiter im Gespräch bleiben, sie ernst nehmen und nach Wegen suchen, wie wir ihnen helfen können.

Wir müssen auch fragen, ob das eine oder andere um des Menschen willen weiterentwickelt werden kann, ohne dass es damit in Konkurrenz oder Widerspruch zu Gottes Schöpfung steht. Auch da sehe ich einige Möglichkeiten.

Das Interview führte Michelle Olion.

Quelle:
DR