Badische Landeskirche vereinfacht Bürokratie bei Kasualien

"Die Türen weiter aufmachen"

Eine Taufe, Trauung oder Beerdigung an einem anderem als dem Wohnort kann bisweilen viel Papierkram bedeuten. Die evangelische badische Landeskirche will es Menschen jetzt einfacher machen, Kasualien an einen anderen Ort zu verlegen.

Hochzeit / © KirylV (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Egal ob Trauungen, Taufen oder Bestattungen. Alles soll unkomplizierter für alle Mitglieder der Landeskirche ablaufen. Wie soll das funktionieren?

Angela Heidler (Vorsitzende des Hauptausschusses der Evangelischen Badischen Landessynode): Wenn Menschen anrufen, die gerne Kasualien wie eine Taufe, eine Trauung oder auch eine Beerdigung wünschen, dann haben wir beschlossen, dass die Person am anderen Ende der Leitung auch zuständig ist. Bisher war die Praxis oft anders. Da war man im Prinzip nur dort richtig, wo man wohnte.

Die Mobilität der Menschen ist vielfältig geworden. Manchmal möchte man das an einem anderen Ort machen und rennt dann von einer Telefonnummer zur anderen und muss irgendwelche Scheine besorgen.

Das soll sich jetzt mit der neuen Gesetzgebung ändern. Hinter uns liegt aber auch ein langer Weg, das beraten und auf den Weg gebracht zu haben. Insofern ist dann die angefragte Person zuständig und vermittelt.

DOMRADIO.DE: Warum war das bisher denn nicht einfacher?

Heidler: Die Gemeindemitglieder sind an sich einer Gemeinde zugeordnet. Man ist bisher von der Praxis ausgegangen, dass am Wohnort auch eigentlich alles stattfindet. Dann ist die entsprechende Person zuständig. Da waren die Zuständigkeiten geklärt.

Inzwischen ist es halt insofern anders, dass Menschen woanders leben oder arbeiten, als sie wohnen oder gerne dort heiraten wollen, wo sie herkommen oder das Kind dort taufen lassen wollen, wo die Geschwister sind.

Dann ruft man dort an und stellt fest, dass man dort nicht zuständig ist. Dann heißt es, man brauche erst mal einen Schein, damit man weiß, dass die anfragende Person wirklich ein Kirchenmitglied ist.

Dann sind die Leute wieder bei sich im Meldeort ins Pfarrbüro gegangen und mussten dann einen sogenannten Entlassschein bekommen, den sie dann wieder zurückgebracht, also entweder gefaxt oder geschickt haben. Dann kam irgendwann wieder eine Antwort.

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist die Gemeinschaft der 20 evangelischen Landeskirchen in der Bundesrepublik. Wichtigste Leitungsgremien sind die EKD-Synode mit ihren Mitgliedern, die Kirchenkonferenz mit Vertretern der Landeskirchen sowie der aus ehrenamtlichen Mitgliedern bestehende Rat. Sitz des EKD-Kirchenamtes ist Hannover.

Synode der EKD / © Norbert Neetz (epd)
Synode der EKD / © Norbert Neetz ( epd )

Das ist manchmal sehr frustrierend, wenn man nicht jeden Tag mit der Kirche Kontakt hat. Dann hat man mal einen Wunsch und dann braucht es irgendwie Ewigkeiten, bis man einen Termin hat. Man hat das Gefühl, dass niemand zuständig ist.

Jetzt ist es aber so: Da wo man anruft, sind die zuständig und die nehmen dann Kontakt mit der anderen Gemeinde auf.

Das ist vorher nicht böse gedacht gewesen, sondern rührt, glaube ich, noch aus einer anderen Zeit mit weniger Mobilität. Wir brauchen manchmal ein bisschen länger, darauf zu reagieren.

Natürlich muss man irgendwie feststellen, wo wer herkommt. Es wird dann in Kirchenbücher eingetragen. Es gibt da noch ein bisschen Amtscharakter, den wollen wir aufheben.

DOMRADIO.DE: Wie sieht das mit Nichtmitgliedern der Landeskirche aus? Haben die durch die Reform auch die Möglichkeit, sich trauen oder bestatten zu lassen?

Heidler: Wir haben im Prinzip den ersten Schritt mit dieser Fürsorgezuständigkeit getan, so nennen wir das. Wenn sich Menschen melden, ist es schon so, dass alles mit Sorgfalt und wohlwollend geprüft wird und da Möglichkeiten geschaffen werden.

Das wird, glaube ich, jetzt vielfältiger und mehr. Wir merken auch, dass Interesse da ist. Das werden die nächsten Schritte sein.

Das ist nicht in ein Gesetz gegossen. In dem Konsultationsprozess geht es eher darum, dass es ein Perspektivwechsel ist und es wirklich um die Menschen geht. Wir wollen die Türen weiter aufmachen.

Man kann sich sehr gern bei uns melden und wir werden dann schauen, was möglich ist, vor allem bei Trauungen und Beerdigungen von Nichtmitgliedern. Das muss man dann im individuellen Gespräch wählen. Aber auch da ist die Person zuständig, bei der die Anfrage ankommt.

DOMRADIO.DE: Können Sie schon sagen, wann diese Bürokratieabbau-Änderungen in Kraft treten werden?

Heidler: Sobald das Gesetz veröffentlicht ist. Wir haben das auf der Synode beschlossen. Das Gesetz wird vermutlich vor den Sommerferien veröffentlicht und erscheint im offiziellen Gesetzes- und Verordnungsblatt, damit es auch bekannt ist. Ab diesem Zeitpunkt gilt es.

DOMRADIO.DE: Das betrifft aber nur Ihre Landeskirche?

Heidler: Genau. Es betrifft die Evangelische Landeskirche in Baden. Es ist aber so, dass in der EKD alle auf dem Weg sind, wie sie mit diesen Zahlen umgehen. Im Blick ist, dass dieser Perspektivwechsel eintritt und dass es um die Menschen und darum geht, die Türen an wichtigen Lebensstationen zu öffnen.

Da sind die Landeskirchen unterschiedlich weit. Ich weiß, dass es Landeskirchen gibt, die inzwischen auch auf den Entlassschein verzichten. Aber das ist nicht überall in Gesetze gegossen.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
DR