"Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?" So steht die Königin im Märchen der Gebrüder Grimm fragend vor dem Spiegel, in dem sie sich selbst bewundert. Und als Antwort erhält sie den Satz: "Frau Königin, ihr seid die Schönste hier, aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als Ihr."
Das freilich möchte die Königin nicht hören. Denn sie will doch die Schönste sein im ganzen Land - und deshalb ist ihr Schneewittchen ein Dorn im Auge. Sie versucht, das arme Kind aus der Welt zu räumen, um keine Konkurrenz mehr zu haben in Sachen Schönheit.
Maria die Schönste
In einem alten Marienlied heißt es: "Die Schönste von allen von fürstlichem Stand / kann Schönres nicht malen ein englische Hand". Die Schönste von allen: Das ist keine Königin aus dem Märchen und kein Schneewittchen, sondern Maria.
Sie ist diejenige Frau, die wir als Himmelskönigin verehren. Und in der Offenbarung des Johannes hören wir, dass diese Frau ein schönes Gewand trägt: Sie hat einen Kranz von Sternen auf ihrem Haupt und steht auf dem Mond. Eingehüllt in diesen kosmischen Sternenmantel ist Maria die Schönste, der auf Erden an Schönheit keiner gleicht.
Zeichen des neuen Lebens
Im Monat Mai rückt Maria wieder besonders in den Mittelpunkt: In vielen Kirchen werden in dieser Zeit die Maialtäre aufgebaut. Eine Marienfigur wird in diesem Monat besonders mit Blumen und frischen grünen Zweigen geschmückt. Die Schönheit der aufblühenden Natur in diesem Wonnemonat ist ein Hinweis auf die Schönheit der Gottesmutter.
Blühende Blumen, Bäume, die wieder im vollen Saft stehen, und die ersten Pflanzen, die wieder aus dem Boden sprießen: Sie weisen uns auf das neue Leben hin, das durch Maria in diese Welt gekommen ist.
Dieses neue Leben hat Maria unter ihrem Herzen getragen und in Bethlehem geboren. Sie ist Mutter ihres Sohnes Jesus Christus geworden und hat so das neue, unvergängliche Leben in diese Welt gebracht. Die Natur wird so zu einem Hinweis auf Maria.
Viele Titel und Bezeichnungen
Es gibt viele Gebete und Lieder, die von einer besonderen Verehrung Mariens im Mai zeugen. Ein Gebet, das man bei Maiandachten häufig miteinander betet, ist die "Lauretanische Litanei" aus dem 16. Jahrhundert. Die nach dem italienischen Wallfahrtsort Loreto bezeichnete Litanei wendet sich an Maria, indem sie die Gottesmutter mit vielen unterschiedlichen Titeln anruft.
Zum Beispiel heißt es dort: heilige Gottesgebärerin, heilige Jungfrau, Mutter Christi, Mutter der Barmherzigkeit. Aber auch weniger geläufige Bezeichnungen finden sich in der Litanei: So wird Maria als "geheimnisvolle Rose" angerufen; damit wird auf einen Titel angespielt, den Maria schon sehr früh erhielt. Ein früher christlicher Dichter vergleicht Maria mit einer Rose, die keine Dornen besitzt.
Maria und die Geflüchteten
Eine neue Einfügung in die Litanei geht auf Papst Franziskus zurück: Im Jahr 2020 verfügte er, Maria auch mit dem Titel "Trost der Migranten" anzurufen. Papst Franziskus, der immer wieder auf das Schicksal von Flüchtlingen hinweist, vertraut somit alle Menschen, die auf der Flucht sind, der Fürsprache der Gottesmutter an.
Ein Schicksal, das Maria selbst nicht fremd ist: Immerhin erzählt das Matthäusevangelium, dass die Heilige Familie nach Ägypten fliehen musste, um den Schergen des Königs Herodes zu entkommen.
Die Vielfalt der Bezeichnungen Mariens zeigt: Maria kann uns Menschen in ganz unterschiedlichen Situationen beistehen und Helferin sein. Das können wir in diesem Marienmonat Mai wieder neu entdecken. Er lädt uns ein, neu auf Maria zu blicken und durch sie auf ihren Sohn, unseren auferstandenen Herrn Jesus Christus.