Initiative will mehr Engagement der Kirchen für Artenschutz

"Jeder noch so kleine Beitrag hilft"

Wenn Schmetterlinge, Bienen oder Käfer aus der Natur verschwinden, sieht die Zukunft dramatisch aus. Für die Kirchen erwächst daraus Verantwortung, die am Tag der biologischen Vielfalt in den Mittelpunkt rückt, sagt Karola Wiedemann.

Marienkäfer auf einer Pflanze / © its_akphotographer (shutterstock)
Marienkäfer auf einer Pflanze / © its_akphotographer ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Hinter ihrem Engagement auf der Internetseite steht ein Arbeitskreis aus allen katholischen Diözesen und evangelischen Landeskirchen in NRW. Das Motto ist "Handeln für die Schöpfung - Kirche schafft Lebensräume". Die biologische Vielfalt soll gefördert werden. Wieso ist das ein Anliegen der Kirchen?

Karola Wiedemann (Dipl. Haushaltsökonomin und Betreuerin des Portals www.kirche-natur.nrw.de): Die Kirchen sind einer der wichtigsten Player der deutschen Wirtschaft. Sie sind im Besitz vieler Gebäude und sie sind auch bei den landwirtschaftlichen Flächen einer der größten Landbesitzer.

Von daher fällt den Kirchen ganz profan eine Schlüsselrolle beim Arten- und beim Klimaschutz zu, wobei Arten- und Klimaschutz immer zusammen gedacht werden müssen.

DOMRADIO.DE: Sterben beispielsweise pflanzenbestäubende Insekten aus, wird es folglich keine Blühpflanzen mehr geben, auf die wiederum viele Pflanzenfresser angewiesen sind. Zusätzlich verhungern Vögel und kleine Säugetiere, die sich von genau diesen Insekten ernähren. So zieht sich dieser Artenschwund durch das Nahrungsnetz bis zu den Menschen durch. Wie dramatisch ist der Biodiversitätsschwund für die weltweite Nahrungssicherheit?

Wiedemann: Das zeigt sich zum Beispiel schon in China, wo aufwendig mit Menschenhand bestäubt werden muss, weil die Insekten als Bestäuber ausfallen. Oder auch in den USA müssen die Farmer schon mancherorts für teuer Geld Bienenvölker zum Bestäuben einfliegen. Das ist in seinen Auswirkungen schon dramatisch.

Unterschiedliche Insekten sind für die Bestäubung wichtig / © Katho Menden (shutterstock)
Unterschiedliche Insekten sind für die Bestäubung wichtig / © Katho Menden ( shutterstock )

Jeden Tag verschwinden weitere 150 Pflanzen- und Tierarten von der Erde. Sie sind nicht mehr rückholbar und sie fehlen uns Menschen dann auch als Bestäuber für menschliche Ernährung, aber auch für die Entwicklung von Medikamenten und für sauberes Wasser, für Bodenfruchtbarkeit. Für all diese Aufgaben fehlen uns dann die Arten. Daher ist der Verlust der Biodiversität genauso dramatisch wie der Klimawandel.

DOMRADIO.DE: Am 11. Juni wird es auf der Landesgartenschau in Höxter eine Foto-Aktion geben, die Sie initiieren. Um was geht es Ihnen dabei?

Wiedemann: Bei der Foto-Aktion geht es uns darum, überhaupt auf die biologische Vielfalt und den Artenschwund aufmerksam zu machen.

Und wir wollen begeistern. Wir wollen die Menschen dafür gewinnen, sich für die Artenvielfalt einzusetzen. Wir fotografieren dann Besucherinnen und Besucher vor einer anfliegenden Schleiereule auf unserer Fotowand.

Das gibt schöne Fotos fürs Profilbild und für herzliche Engelsgrüße. Mit dabei ist immer die Freude am Artenschutz am Beispiel der Schleiereule.

Baby-Schleiereulen in einem Nistkasten.  / © Hans-Josef Hungenberg (privat)
Baby-Schleiereulen in einem Nistkasten. / © Hans-Josef Hungenberg ( privat )

DOMRADIO.DE: Im Herbst bieten sie eine Infoveranstaltung an, bei der es um kirchliches Pachtland gehen soll. Inwiefern geht es da um biologische Vielfalt?

Wiedemann: Bei kirchlichem Pachtland geht es auch um die landwirtschaftlichen Flächen, die die Kirchen verpachten. Gerade in der Landwirtschaft ist der Bereich der biologischen Vielfalt enorm wichtig. Wenn die Flächen intensiv bewirtschaftet werden, fehlen viele Arten. Sie haben keine Chance mehr, den Lebensraum zu bestücken.

Von daher geht es uns darum, dass nachhaltiger verpachtet wird und nicht nur nach ökonomischen Gesichtspunkten. Nachhaltigkeit, nach sozialen und ökologischen Kriterien, ist das Zauberwort.

DOMRADIO.DE: Welches Engagement wünschen Sie sich seitens der Kirchen für unsere Umwelt? Kann und muss es noch konkreter werden?

Wiedemann: Auf jeden Fall. Wie unser Name schon sagt, es soll für die Schöpfung gehandelt werden. Jeder noch so kleine Beitrag hilft, kann Kreise ziehen, kann ansteckend wirken, sodass wir die Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft im Einklang mit der Natur schaffen und die Kirchen dabei eine zentrale Rolle spielen.

In diesem Bereich hat die Kirche noch eine hohe Glaubwürdigkeit. Die sollten wir zum Wohle aller nutzen. Ein Besuch auf unserem Portal lohnt sich also.

Schöpfungsbewahrung gehört, so sehen wir das, in die Mitte der kirchlichen Aktivitäten und Verkündung.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Enzyklika "Laudato si"

Klimawandel, Artenvielfalt, Trinkwasser: Diese Themen bestimmen die Umweltenzyklika von Papst Franziskus. Er wendet sich damit an "alle Menschen guten Willens" - und erklärt, warum eine ökologische Umkehr auch soziale Gerechtigkeit bedeutet. Papst Franziskus hat die reichen Industrienationen zu einer grundlegenden "ökologischen Umkehr" aufgefordert, um globale Umweltzerstörung und Klimawandel zu stoppen.

Deutsche Ausgabe der Enzyklika "Laudato si" / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Deutsche Ausgabe der Enzyklika "Laudato si" / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
DR