DOMRADIO.DE: Sie wollen Kirchengemeinden dazu motivieren, aktiv vor Ort die biologische Vielfalt zu fördern. Wie könnte das zum Beispiel aussehen?
Barbara Fröde-Thierfelder (Biodiversitäts-Managerin im Erzbistum Köln und Projektleiterin): Ein ganz einfaches Beispiel ist, dass die grüne Wiese vor der Kirche mit einer regional angepassten Blüh-Wiesenmischung eingesät wird. Damit erhöht man die Futterquelle für Insekten. Man hört also plötzlich, wie es rund um die Kirche summt und brummt.
Ein Beispiel, was vielleicht ein klein bisschen mehr Überlegung erfordert, ist, dass man in der Firmvorbereitung das Thema Schöpfungsspiritualität aufgreifen könnte. Dann könnte man sich überlegen, wie man das denn praktisch erfahrbar machen kann. Das Stichwort wäre "Arche der Artenvielfalt". Vielleicht könnte man irgendwo am Rande des Kirchengeländes ein Beet gemeinsam gestalten, vielleicht sogar tatsächlich in Archenform und dort alte Gemüsesorten einpflanzen und aus dem Gemüse dann für einen Abend gemeinsam etwas kochen.
Oder man könnte beim Erntedankfest am Kircheneingang den anderen etwas anbieten. Das wäre doch super, oder?
DOMRADIO.DE: Man kann sich aber vorstellen, dass Kritiker fragen, was denn ein Kräutergarten vor der Kirche gegen den Klimawandel bringen soll? Was würden Sie denen antworten?
Fröde-Thierfelder: Ich denke, das Engagement gegen den Klimawandel, gegen den Artenverlust muss irgendwo mal anfangen. Ich glaube, die Fakten sind eigentlich allen klar. Im Kopf sollte die Richtung einfach zu gehen sein. Aber warum fällt es uns so schwer? Vielleicht fehlt uns der Mut, vielleicht fehlt uns die Motivation.
Da ist so etwas wie gemeinsames Tun und gemeinsames Buddeln sinnvoll. Das kann uns Kraft geben, auch ins Gespräch zu kommen, sich zu öffnen und sich zu fragen, was einem denn im Alltag eigentlich möglich ist, bei dem man sich aus eigener Motivation heraus traut oder bei dem man sich traut, wenn man merkt, dass sich andere auch trauen.
DOMRADIO.DE: Gemeinden können sich nun bald bewerben, um bei dem Projekt mit dabei zu sein. Was genau würde das für die Gemeinden bedeuten, wenn die dann ausgewählt werden?
Fröde-Thierfelder: Der Bewerbungsprozess, den wir uns überlegt haben, gestaltet sich wie folgt: Eine Gemeinde kann sich bei uns anmelden. Wir werden auf unserer Website immer die Daten bekanntgeben, weil wir immer wieder im Lauf der fünf Jahre insgesamt 70 Gemeinden einladen werden. Das heißt, wir starten nicht mit allen gleich, sondern peu à peu.
Dann werden wir ein Kennenlerngespräch führen und miteinander sondieren, ob die Flächen, die Initiativgruppe und auch der Rückhalt von Pfarrer und Kirchenvorstand in ausreichendem Maße da sind oder ob es vielleicht noch ein bisschen Vorbereitung an der einen oder anderen Stelle braucht.
Wenn wir miteinander einig sind, dass das gut gehen kann, schließen wir eine Kooperationsvereinbarung. Dann kommt die Beratung durch die Fachkräfte der biologischen Stationen des Landes Nordrhein-Westfalen ins Spiel. Die unterstützen die Gemeinden dann ganz praktisch mit einer Begehung, wobei das ökologische Potenzial noch einmal gemeinsam angeschaut wird sowie einem Workshop, bei dem Maßnamen ausgesucht werden. Schließlich wird tatsächlich gemeinsam gebuddelt.
DOMRADIO.DE: Außerdem wollen Sie Schöpfungsbotschafter und Schöpfungsbotschafterinnen ausbilden. Was genau ist das?
Fröde-Thierfelder: Wir stellen uns vor, dass Engagement Unterstützung braucht. Das ist nötig, um ein bisschen Fachwissen zu vermitteln und Leuten, die noch nicht engagiert sind, Sachen erklären zu können. Zudem kann man helfen, ein gutes spirituelles Standing zu entwickeln, indem man herausarbeitet, was das eigentlich mit dem eigenen Glauben zu tun hat.
Schließlich können auch sogenannte "Management Skills" angegangen werden, also beispielsweise die Frage, wie man einen Konflikt in der Gruppe löst oder wie man vielleicht noch weitere Unterstützer oder Sponsoren gewinnen kann.
Wir wollen damit ehrenamtliche und auch hauptamtliche Engagierte ansprechen, die gerne ihre Kompetenzen erweitern möchten. Das Ganze wird mit Veranstaltungen, die wir als Team anbieten, aber auch über die Bildungswerke unterstützt.
DOMRADIO.DE: Die Sache steht noch ganz am Anfang. Deshalb wollen Sie mit einer Auftaktveranstaltung am 4. Oktober, dem Tag des Heiligen Franziskus, einen ersten Schritt mit einer Online-Veranstaltung tun. Was haben Sie da geplant?
Fröde-Thierfelder: Da wollen wir unsere Türen ganz weit aufmachen und interessierte Kirchengemeinden einladen, das Projekt, das Unterstützungsangebot und auch das Team kennenzulernen.
Wir wollen einfach einen ersten Schritt aufeinander zugehen. Dann hat man, wenn man sich dann bewerben will, auch ein bisschen eine Ahnung davon, in welche Richtung das geht.
Das Interview führte Hilde Regeniter.