Die Absetzung hatte Franziskus jedoch vor drei Jahrenselbst übernommen. Er entband Becciu von seinem Amt als Leiter der Heiligsprechungsbehörde. Weiter nahm er, so die vatikanischeErklärung damals, Beccius Verzicht auf "die mit der Kardinalswürde verbundenen Rechte" an. Seitdem darf der Sarde kein Kurienamt ausüben und auch keinen neuen Papst wählen.
Finanzskandal
Anlass waren Beccius mutmaßliche Verwicklungen in einen vatikanischen Finanzskandal. In seiner Zeit als zweiter Mann im Staatssekretariat des Vatikans von 2011 bis 2018 kam es zu Unregelmäßigkeiten bei Millionen-Investitionen. Im Mittelpunkt stand der Erwerb einer Luxusimmobilie in London. Seit Mitte 2021 muss sich Becciu im Vatikanstaat vor Gericht verantworten.
In dem Multifunktionssaal in den Vatikanischen Museen wird mindestens noch bis kommenden Oktober über Schuld und Unschuld der Angeklagten verhandelt. Bei Becciu geht es dabei ferner um Unregelmäßigkeiten bei Überweisungen in seine Heimatdiözese und an die dortige Caritas. Hier könnten auch Angehörige seiner Familie beteiligt gewesen sein. Becciu selbst beteuert seine Unschuld, spricht von Kampagnen und Intrigen gegen seine Person.
Zuvor Vertrauter des Papstes
Bevor Becciu als erster Kardinal auf der vatikanischen Anklagebank landete, galt er lange als Vertrauter des aktuellen Papstes. Am 2.Juni 1948 im kleinen Örtchen Pattada auf Sardinien geboren, empfing er mit 24 Jahren die Priesterweihe. Mitte der 1980er Jahre trat Becciu in den diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls, arbeitete in den Vatikanbotschaften in der Zentralafrikanischen Republik, im Sudan, in Neuseeland, in Liberia, in Großbritannien, in Frankreich und in den USA.
Im Jahr 2001 wurde der Italiener erstmals selbst Vatikanbotschafter und damit Erzbischof – erst in Angola, Sao Tome und Principe, anschließend in Kuba. Zehn Jahre später holte Papst Benedikt XVI. den erfahrenen Diplomaten in den Vatikan und machte ihn zur Nummer Zwei in seinem Staatssekretariat. Von dort versetzte ihn Franziskus 2018 auf den Leitungsposten in der weniger bedeutenden Heiligsprechungsbehörde, machte ihn aber im selben Jahr zum Kardinal.
Nun arbeitslos
Seit 2020 ist Becciu nun arbeitslos. Er nimmt an fast jedem Verhandlungstag vor dem Vatikangericht teil. Die Hoffnung auf eine Rückgabe seiner mit der Kardinalswürde verbundenen Rechte hat der Sarde wohl noch nicht aufgegeben. Kurz vor einer großen Kardinalsversammlung im vergangenen Jahr hatte Becciu verkündet, der Papst wolle sie ihm zurückgeben.
Dass daraus nichts wurde, dürfte auch an dem noch laufenden Prozess im Vatikan liegen. Mit seinem Ausgang wird sich auch Beccius Zukunft entscheiden.