Becciu habe ihn umfänglich eingeweiht in Probleme mit seinem damaligen Verwaltungsleiter Alberto Perlasca und zugleich seine Bereitschaft zur Vergebung signalisiert, hieß es nach dem Prozesstag am Donnerstag.
Der Erzbischof war als Zeuge gerufen, um sich zum Vorwurf der Zeugenbeeinflussung von Perlasca durch Kardinal Becciu zu äußern. Cantoni und Perlasca stammen beide aus dem Erzbistum Como.
Befragung wird fortgesetzt
Darüber hinaus wurde am Donnerstag die Befragung des als Hauptzeugen gehandelten Perlasca fortgesetzt. Er war viele Jahre Verwaltungsleiter im vatikanischen Staatssekretariat und damit Angestellter unter dem angeklagten Kardinal Becciu. In dessen Auftrag schloss er erste Verträge mit den ebenfalls angeklagten Finanzmanagern Raffaele Mincione und Gianluigi Torzi für eine verlustreiche Investition in eine Londoner Immobilie. Die Immobilie hat der Vatikan inzwischen mit einem Minus von nach eigenen Angaben rund 130 Millionen Euro verkauft.
Dieses Geschäft und mögliche damit verbundene Straftaten stehen im Mittelpunkt des Prozesses. Unter anderem sollen Medienberichten zufolge auch Gelder aus dem "Peterspfennig" verwendet worden sein, also aus Spenden an den Papst für seine karitative und sonstige Arbeit. Etwas, was Perlasca abstreitet. Perlasca, der mittlerweile als geschädigte Partei im Prozess auftritt, beschreibt seine eigene Rolle und Befugnisse als eher unbedeutend.
Neue Erkenntnisse und neue Untersuchung
Unregelmäßigkeiten bei Überweisungen von Becciu in seine Heimatdiözese und an die dortige Caritas werden ebenfalls behandelt. Hier gab es zuletzt neue Erkenntnisse der italienischen Polizei. Diese sollen laut Vatikan-Staatsanwaltschaft Teil einer neuen Untersuchung werden. Darin werde gegen Becciu wegen mutmaßlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Bei Durchsuchungen auf Sardinien haben die Behörden offenbar 1.000 gefälschte Dokumente gefunden. Im Mittelpunkt steht dabei die von Beccius Bruder geführte Caritas-Kooperative Spes.
Insgesamt sitzen zehn Ex-Mitarbeiter oder vom Vatikan zwischenzeitlich beauftragte Personen auf der Anklagebank. Die Vorwürfe gegen sie reichen von Unterschlagung, Korruption, und Erpressung über Geldwäsche und Betrug bis hin zu Amtsmissbrauch und Urkundenfälschung.