Thüringer Kirchen wollen sich auch weiter aktiv einbringen

Kleine Kirchen als relevante Gesprächspartner

Trotz aller Krisen und sinkender Mitgliedszahlen wollen sich die Kirchen in Thüringen weiter aktiv in der Gesellschaft einbringen. Vor allem in ethischen Fragen wie jener nach der Sterbehilfe stellen sie gefragte Gesprächspartner dar.

Der Erfurter Dom / © Borisb17 (shutterstock)

Sie seien weiterhin die "größten zivilgesellschaftlichen Akteure" und "stark im karitativen und im Bildungsbereich", betonten die Bischöfe Ulrich Neymeyr (Bistum Erfurt, katholisch) und Friedrich Kramer (Evangelische Kirche in Mitteldeutschland) am Wochenende in einem Doppelinterview der "Ostthüringer Zeitung".

Beide Bischöfe erklärten zugleich, für sie sei es keine Alternative, sich auf ihre kleiner werdende Kernklientel zu konzentrieren. "Wir wollen das, was uns wichtig ist, auch anderen anbieten und bringen uns fröhlich ein", sagte Neymeyr.

Landesärztekammer wollte Haltung der Kirchen zur Sterbehilfe hören

Auch mit nur 7,5 Prozent Katholiken in Thüringen sei die Kirche weiter gefragt im gesellschaftlichen Disput: "So wollte die Landesärztekammer unsere Meinung hören zum assistierten Suizid. Unsere Haltung ist: Wir geben Hilfe im Sterben, aber nicht zum Sterben. Darüber hat ein guter Austausch stattgefunden."

Bischof Ulrich Neymeyr / © Dominik Wolf (KNA)
Bischof Ulrich Neymeyr / © Dominik Wolf ( KNA )

Es gebe immer die Gefahr, dass Kirche sich abkapsele, wenn sie unter Druck gerät, ergänzte Kramer: "Das tun wir nicht und das wollen wir nicht. Wir haben ein hohes Interesse an gesellschaftlichem Austausch."

Fragen nach dem Menschen und dem Frieden bei Katholikentag im Fokus

Ohne diesen Anspruch wäre auch nicht die Entscheidung gefallen, im kleinen Bistum Erfurt 2024 zum Katholikentag einzuladen oder auch Schulneubauten anzugehen, fügte Bischof Neymeyr hinzu: "Wir stellen beim Katholikentag die Zukunftsfrage.

Wir wollen wissen: Was ist der Mensch – gerade auch in Zeiten der Künstlichen Intelligenz (KI). Und: Gebe Gott, dass der Krieg in der Ukraine 2024 zu Ende ist, dann würde man über eine europäische Friedensordnung diskutieren."

Ökumene ist laut Kramer in Thüringen "ganz selbstverständlich"

Vom Katholikentag erwarte er, dass es auf vielfältige Weise zu Begegnung, Gespräch und Diskussion komme – gerade auch mit Nichtchristen: "Mir ist außerdem wichtig, dass der Katholikentag wieder einmal in einem neuen Bundesland stattfindet, weil viele Westbürger nicht wissen, wie wir hier ticken. Diese gesellschaftliche Diskussion gibt es auch innerhalb der Kirche."

Friedrich Kramer / © Heike Lyding (epd)
Friedrich Kramer / © Heike Lyding ( epd )

Kramer erklärte dazu, er freue sich, dass das Bistum Erfurt zum Katholikentag eingeladen hat "und dass Ökumene hier ganz selbstverständlich ist".

Katholikentag soll Neymeyr zufolge eher ein Christentag werden

Neymeyr erwiderte: "Ich will es ganz klar sagen, wir hätten nicht einladen können, hätten nicht die evangelischen Christen gesagt: Wir machen da mit. Insofern wird es eher ein Christentag als ein Katholikentag."

Zum Thema Missbrauch sagte Bischof Neymeyr, er biete Betroffenen immer Gespräche an, die auch gut angenommen würden: "Meist laden sie mich zu sich nach Hause ein. Es tut ihnen gut, dass ein Vertreter der Kirche kommt und sagt, dass ihnen himmelschreiendes Unrecht geschehen ist. Und dass früher mit Beschuldigungen auch nicht richtig umgegangen worden ist."

Geschichte des Bistums Erfurt

742    Der heilige Bonifatius gründet das Bistum Erfurt. Es umfasst das Thüringer Stammgebiet mit dem Thüringer Wald im Süden und dem Eichsfeld im Westen. Nach Osten begrenzen Saale und Unstrut, nach Norden Helme und Harz das Bistum. Das Gebiet südlich des Thüringer Waldes gehört zum Bistum Würzburg. Bischofskirche wird die Marienkirche auf dem heutigen Erfurter Domberg.

Um 755    Das Bistum Erfurt wird wieder aufgelöst und in das Bistum Mainz eingegliedert. Diesem gehört es 1000 Jahre an.

Erfurter Dom und Severikirche / © Roger Hagmann (KNA)
Erfurter Dom und Severikirche / © Roger Hagmann ( KNA )
Quelle:
KNA