Drei Minuten Stille vor Ende jeder Unterrichtsstunde könnten den Kindern und Jugendlichen ermöglichen, intensiver über sich selbst und das Gelernte nachzudenken, sagte Mertes im Interview der "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" am Donnerstag.
Das könne auch nachhaltig die Leistungen stärken. "Meine Erfahrung ist: Ein paar Minuten Stille führen dazu, dass die Schüler effizienter lernen, als wenn sie permanent zugeballert werden."
Kritik an Ausrichtung von Schulen
Mertes kritisierte, dass Schulen in Deutschland zu "Werkstätten des Nutzens degradiert" würden, die einzig auf den Arbeitsmarkt und ein gutes internationales Abschneiden ausgerichtet seien.
"Dabei sollte Schule vor allem eins sein: ein Ort, an dem jeder Schüler und jede Schülerin lernen soll, selbst zu denken", betonte der Jesuit.
Forderung nach Perspektivwechsel
Gleichzeitig mahnte der ehemalige Schulleiter auch einen Perspektivwechsel bei den Lehrkräften an. Diese müssten auch hinterfragen, was sie selbst mit Problemen im Unterricht, etwa bei auffälligen Schülern, zu tun haben.
"Ganz häufig ist es doch so, dass Lehrkräfte sich gut in ihrem Fachbereich auskennen, aber überfordert sind mit den sozialen Dynamiken einer Klasse", so Mertes. Es brauche zwar im Unterricht auch die Autorität, die bei Gewalt interveniert, anstatt zu diskutieren. "Aber all das darf nicht kopflos geschehen."
Mertes hatte 2018 mit anderen Jesuiten am Zentrum für Ignatianische Pädagogik die Initiative "HumanismusPlus" für eine gesellschaftliche Debatte über Zweck und Ausrichtung der Schulbildung gegründet. Am Mittwoch stellte die Initiative dazu ihren Appell "Charakter zählt!" im Bundestag vor.