Die unsichere Zukunft kirchlicher Schulen in Bremen

Erhebliche Unterfinanzierung

Im Wahlkampf um den Bremer Landtag spielt auch Bildung eine Rolle. Für die Kirchen ist es ein schmerzliches Thema. Sie sehen ihre Schulen vom Staat finanziell benachteiligt. Das Bistum Osnabrück hat noch einmal nachgefragt.

Autor/in:
Roland Juchem
Symbolbild Mädchen in einer Schule / © LightField Studios (shutterstock)
Symbolbild Mädchen in einer Schule / © LightField Studios ( shutterstock )

Allen sonstigen Krisen zum Trotz genießen Schulen in kirchlicher Trägerschaft weiterhin viel Vertrauen und erfreuen sich großen Zulaufs. Auch in Bremen. Die katholische Kirche betreibt dort vier Grund- und eine weiterführende Schule, die von insgesamt 1.700 Schülern besucht werden. Das würde sie gerne weiterhin tun, sieht sich im kleinsten Bundesland allerdings vom Staat finanziell benachteiligt.

So erstattet das Land nur einen geringeren Teil der Personalkosten sowie keine Betriebs- und Investitionskosten. Bei den Grund- und Oberschulen, so rechnet die katholische Schulstiftung vor, ergebe sich eine Unterfinanzierung von rund 51 Prozent. Bei Gymnasien seien es 43 Prozent, die durch den Träger und Elternbeiträge aufgebracht werden müssen.

Zehn Wahlprüfsteine

Weil vor der Bürgerschaftswahl am 14. Mai Bildung ohnehin ein wichtiges Thema ist, hakte das Katholische Kirchenamt und die Schulstiftung des Bistums Osnabrück noch einmal nach. Zehn sogenannte Wahlprüfsteine legte man den Parteien vor: Darin fragen die Initiatoren vor allem, was man tun wolle, um Zukunft und Entwicklung von Schulen in freier Trägerschaft abzusichern. Konkret: Ob und in welchem Umfang man die Erstattung von Sach- und Personalkosten erhöhen wolle.

Dem Ergebnis zufolge planen die derzeitigen Regierungsparteien SPD und Grüne das gegenwärtige Finanzsystem so zu belassen, wobei die Antwort der Grünen etwas mehr Kooperationsbereitschaft durchblicken lässt. Die Linken, dritter Partner der aktuellen Koalition, antworteten gar nicht; ebenso wenig die dreiköpfige Abgeordnetengruppe ehemaliger AfD-Abgeordneter. FDP und CDU als Oppositionsparteien verweisen auf ihre bereits in der Vergangenheit vergeblich unternommenen Versuche, die Privatschulfinanzierung anders zu regeln.

Die Antworten waren erwartbar, nachdem im vergangenen Jahr eine Petition sowie Anträge der Opposition für mehr staatliche Unterstützung freier Schulen keine Veränderungen anstoßen konnten.

SPD will eine Schule für alle

Die SPD  wies darauf hin, dass öffentliche Schulen deutlich mehr sozial benachteiligte Schüler auffingen, weswegen sie besonders gut ausgestattet sein müssten. Andererseits habe es in Einzelfällen Sachkostenzuschüsse auch an Privatschulen gegeben, etwa durch Tablet-Computer und Luftfilter in der Pandemie sowie jüngst Energiekostenzuschüsse.

Ansonsten aber stünden die Sozialdemokraten mit Blick auf öffentliche und private Schulen dafür ein, "Ungleiches auch ungleich zu behandeln", heißt es in der Antwort. Weil Bildungsexperten grundsätzlich eine gemeinsame Beschulung in sozial gut durchmischten Klassen befürworteten, sei und bleibe daher Ziel der SPD: "Eine Schule für alle!"

Schließung kirchlicher Schulen wäre teuer

In Kirchenkreisen sieht man die Weigerung bei SPD und Linken, freie Schulen besser zu refinanzieren, vor allem im klammen Stadtsäckel, aber auch ideologisch begründet. So werde nur der Druck verschärft, Schulgeld zu erhöhen. Dieser von den Eltern gezahlte Beitrag ist zwar sozial gestaffelt. Eine Erhöhung aber würde die Sonderung hin zu sozial und finanziell besser gestellten Schülern befördern, was keiner will - auch die Kirche nicht. Die Grünen können es sich daher immerhin "grundsätzlich vorstellen", "bei der Finanzierung Anpassungen vorzunehmen", um das Sonderungsverbot einzuhalten.

Der Migrationsanteil liegt laut Schulstiftung an den vier katholischen Grundschulen bei 60 bis 70 Prozent, an der weiterführenden Johannis-Oberschule und Gymnasium bei etwa 55 Prozent. Sollte die Kirche Schulen schließen müssen, dann käme dies das Land Bremen deutlich teurer, heißt es von Seiten der Schulstiftung und engagierter Eltern. Schon jetzt würden kirchliche Kitas bekniet, etwa wegen der hohen Zahl geflüchteter Kinder doch eine Gruppe mehr zu öffnen.

In der Nuntiatur in Berlin verfolgt man die Bremer Debatte mit Interesse und einer gewissen Sorge. Dem Vernehmen nach legte man den Verantwortlichen des Bistums Osnabrück nahe, behutsamer und weniger kontrovers vorzugehen als etwa im Erzbistum Hamburg. Dessen Entscheidungen und Vorgehen, staatliche Vorschläge nicht zu nutzen, so ist zu hören, hätten einen enormen Flurschaden angerichtet. Nach dem verkündeten Aus für acht von ursprünglich 21 kirchlichen Schulen gab es dort jahrelange Proteste. Nach der Zusage von Sponsorengeldern wurde entschieden, nur sechs Standorte aufzugeben.

Schulschließungen möglichst vermeiden

In Bremen könnte am Sonntag die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und Linken ihre Mehrheit behalten. Laut einer am Dienstag veröffentlichten repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag der "Bild" erhält die SPD 30 Prozent der Stimmen, die Grünen 12 und die Linke 9 Prozent - zusammen 51 Prozent. Auf Rang zwei landet mit 28 Prozent die CDU; auch die FDP (sechs Prozent) und die Bürger in Wut (acht Prozent) zögen demnach in die Bürgerschaft ein.

Gleichwohl will die Kirche in Bremen - anders als jüngst in Eichstätt verkündet - Schulschließungen möglichst vermeiden. Sie könnte und müsste daher je nach tatsächlichem Wahlausgang und späterer Besetzung der Ressorts einen neuen Anlauf nehmen, ihre Schulen finanziell abzusichern. Bei der Bürgerschaft, aber auch bei der Suche nach zusätzlichen alternativen Finanzquellen.

Quelle:
KNA
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