Theologin Sattler kritisiert Votum gegen Synodalen Ausschuss

Brückenbauer gesucht

Der Synodale Ausschuss hat eine hohe symbolische Bedeutung, meint Dorothea Sattler. Sie sieht ihn im Einklang mit dem Wunsch des Papstes, eine synodalere Kirche zu werden und glaubt, dass er trotz allem kommen wird. Ein Gastkommentar.

Dorothea Sattler / © Lars Berg (KNA)
Dorothea Sattler / © Lars Berg ( KNA )

"Vier Bischöfe verhindern die Finanzierung von Gesprächen über Reformen" – so oder ähnlich lautete eine kurze Nachricht über die Römisch-katholische Kirche in Deutschland zur besten Sendezeit in den öffentlichen Medien. Der konkrete Anlass wird bald vergessen sein, die Wirkung bleibt: ein Gefühl der Bestätigung stellt sich bei denen ein, die schon lange nichts Gutes mehr von Bischöfen erwartet haben; Resignation ist bei jenen spürbar, die sich nochmals auf den Weg gemacht hatten.

Forderung nach innerer Bereitschaft

Es ist die ureigene Aufgabe der Bischöfe, "Brücken zu bauen", "Pontifex" zu sein. Brücken des Vertrauens zueinander brauchen Menschen gerade in unseren Zeiten, in denen langfristig von Menschen verschuldete "Unwetter" zu bestehen sind angesichts der auch systemisch bedingten Ursachen von sexualisierter Gewalt und geistlichem Missbrauch. Alle wissen um die "Sturzbäche" bei den Zahlen der Kirchenaustritte.

Nach der Entscheidung, den Synodalen Ausschuss nicht mit Kirchensteuermitteln zu bezahlen, sind die Wege zueinander wieder versperrt, der mühsam weggeräumte Schutt erneut verwüstend unterwegs in die Täler. Mitgerissen werden auch manche Orte, an denen christliches Leben oft mühsam bewahrt blieb.

Es fällt nicht leicht, Angehörige der Römisch-katholischen Kirche immer noch davon zu überzeugen, dass diese Institution an der Seite derer steht, die sich sonst mit ihrem Leiden nicht zu Gehör bringen können. Es braucht Zeit und Geduld für Gespräche.

Zutrauen und Verständnis sind zu gewinnen, Anteilnahme aneinander ist zu leben, Verirrungen sind aufzuzeigen, damit Umkehr geschehen und ein Neubeginn gewagt werden kann. All dies haben wir uns auf dem Synodalen Weg versprochen. Es sollte ein geistlicher Weg sein, auf dem niemand urteilend unterwegs ist. Ein solcher Weg kostet etwas – nicht nur Geld, auch innere Bereitschaft.

Werden noch mehr Menschen die Kirche verlassen?

Der Synodale Ausschuss, dessen Finanzierung nun in Frage steht, hat eine hohe symbolische Bedeutung: Seine Einrichtung signalisiert den Wunsch nach Kontinuität in der Zustimmung zu den Anliegen des Synodalen Wegs in Deutschland – nicht zuletzt auch im Blick auf die Teilhabe aller Getauften an den Entscheidungen über die Verwendung der Kirchensteuermittel. Viele Menschen sind noch Kirchenmitglied, weil sie die Reformen stützen wollen. Werden nun auch sie gehen?

Argumentativ begründete Interessen wurden auf dem Synodalen Weg angemeldet: Mitsprache bei der Auswahl geeigneter Kandidaten für das Bischofsamt und Transparenz in allen Bereichen kirchlicher Verwaltung und Rechtsprechung, die Freistellung der Priester von der Verpflichtung zur Ehelosigkeit (Zölibat), die Teilhabe von Frauen an allen Diensten und Ämtern in der Kirche sowie der Segen für alle Menschen, die einander lieben.

Durch die Absage der Finanzierung soll offenkundig in der Kirche von Deutschland das im Ergebnis offene Gespräch über diese Themen künftig verhindert werden.

Dorothea Sattler

"Die sieben kontinentalen Versammlungen weltweit belegen, dass nicht nur in Deutschland Menschen mit viel Engagement vor allem über die Rolle von Frauen mit ihren Charismen in der Kirche nachdenken."

"Der Synodale Weg ist ein Erfolgsgeschehen"

Nicht in allen römisch-katholischen Bischofskirchen weltweit werden die Themen des deutschen Synodalen Wegs besprochen. Es geschieht jedoch in sehr vielen mehr, als dies noch vor wenigen Jahren zu erwarten war.

Die sieben kontinentalen Versammlungen weltweit belegen, dass nicht nur in Deutschland Menschen mit viel Engagement vor allem über die Rolle von Frauen mit ihren Charismen in der Kirche nachdenken. Der Synodale Weg ist ein Erfolgsgeschehen – trotz allem. Gerade das lässt ihn so "gefährlich" erscheinen. Ihn behindern zu wollen, ist – langfristig betrachtet – nicht aussichtsreich.

Kurzfristig sind Irritationen entstanden. Zugleich gibt es viele Ideen, wie sich eine Koalition mit den willigen Bischöfen gestalten lässt. Ein Spendenaufruf könnte bei der Finanzierung helfen. Gegebenenfalls könnten wir Laien aus Liebe zu Jesus Christus und seiner Kirche die Fahrtkosten und die Unterkunft erst einmal auch selbst bezahlen – oder möglicherweise Fahrgemeinschaften bilden mit den Bischöfen.

Zuversicht trotz allem

Ich bin sehr zuversichtlich, dass es gelingen wird, den Synodalen Ausschuss zu konstituieren – mit der Mehrheit der deutschen Bischöfe. Immer schon gab es in der Kirchengeschichte Situationen, bei denen ausgehend von einer Ortskirche eine "gefährliche Erinnerung" an das Evangelium geschah – "gefährlich", weil Umkehr und Erneuerung damit verbunden waren.

Dorothea Sattler

"Sehr erstaunt bin ich darüber, dass offenkundig viele Stimmen in der Weltkirche die deutsche Mentalität im Reformprozess so kritisch anfragen."

Sehr erstaunt bin ich darüber, dass offenkundig viele Stimmen in der Weltkirche die deutsche Mentalität im Reformprozess so kritisch anfragen. Ich verstehe es nicht. Geduldig bringen wir doch einfach theologische Argumente in die Gespräche ein. In der gesamten Weltkirche findet ein waches Nachdenken über Gottes Wege statt.

Nicht nur an der Kurie gibt es theologische Expertise. Noch nie ist nach meiner Einschätzung an so vielen Orten von so vielen menschlich authentisch und in der Theologie fachkundig über schwierige kontroverse Themen gesprochen worden, wie dies gegenwärtig weltweit geschieht. Der Bischof von Rom, Papst Franziskus, hat seit Beginn seines Pontifikats dazu aufgefordert: Wir sollen eine "Synodale Kirche" werden. Warum sollte dann nicht ein Synodaler Ausschuss in Deutschland einen Synodalen Rat vorbereiten dürfen?

Das bisher vorgesehene Datum der Konstitution des Synodalen Ausschusses im November 2023 ist bewusst für die Zeit nach der ersten Phase des Synodalen Prozesses auf weltkirchlicher Ebene gewählt. Ich bin zuversichtlich: Nicht alle Brücken sind unbegehbar geworden. Die Zeit der "Sanierung" hat schon begonnen.

Zur Autorin: Dorothea Sattler ist Professorin für Dogmatik und Ökumenische Theologie und war gemeinsam mit Bischof Franz-Josef Bode, die Vorsitzende des Synodalforums "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche" beim Synodalen Weg.

Quelle:
DR