Vaterunser kann laut Erzbischof Cottrell problematisch sein

Wegen "Erfahrungen mit irdischen Vätern"

Der anglikanische Erzbischof von York, Cottrell, sieht das Vaterunser kritisch. Der Begriff des Vaters am Anfang des bekanntesten christlichen Gebetes könne wegen seiner "patriarchalischen" Bezüge belastend auf Menschen wirken.

Die Vaterunser-Bitte auf einer Keramiktafel in der Paternosterkirche in Jerusalem am 5. Februar 2018 / © Corinna Kern (KNA)
Die Vaterunser-Bitte auf einer Keramiktafel in der Paternosterkirche in Jerusalem am 5. Februar 2018 / © Corinna Kern ( KNA )

Das sagte Cottrell laut britischen Medien am Samstag bei seiner Eröffnungsrede vor der Generalsynode der Kirche von England am Freitagabend in York.

Cottrell hob auch positive Bezüge hervor

"Ich weiß, dass das Wort 'Vater' für diejenigen problematisch ist, deren Erfahrungen mit irdischen Vätern zerstörerisch und missbräuchlich waren, und für alle von uns, die etwas zu sehr unter einem erdrückenden patriarchalischen Griff auf das Leben gelitten haben", so der zweithöchste Repräsentant der anglikanischen Kirche.

Stephen Cottrell, anglikanischer Erzbischof von York, während der Lambeth-Konferenz am 30. Juli 2022 in Canterbury / © Sabine Kleyboldt (KNA)
Stephen Cottrell, anglikanischer Erzbischof von York, während der Lambeth-Konferenz am 30. Juli 2022 in Canterbury / © Sabine Kleyboldt ( KNA )

Andererseits hob er auch positive Bezüge des Vaterbegriffs hervor. "Wenn dieser Gott, zu dem wir beten, der 'Vater' ist, dann sind alle Christen 'Familienmitglieder im Haushalt Gottes'."

Neben Zustimmung stieß Cottrell mit seinen Überlegungen zum "Vaterunser", dessen Text laut dem Neuen Testament auf Jesus selbst zurückgeht, auch auf Kritik.

Kritik von konservativer Seite

Chris Sugden, Vorsitzender der konservativen Gruppe Anglican Mainstream, zitierten die Berichte mit den Worten: "Will der Erzbischof von York sagen, dass Jesus falsch lag oder dass Jesus seelsorgerisch nicht aufmerksam war?"

Cottrells Ansatz stehe dafür, dass manche Kirchenführer ihre Gedanken eher aus ihrer Kultur statt aus der Heiligen Schrift ableiteten.

Wer ein schwieriges Verhältnis zu seinem Vater gehabt habe, finde durch Jesus die Möglichkeit, "die wahre Natur von Vaterschaft wiederzuentdecken".

Finger in die Wunde gelegt?

Dagegen erklärte Pfarrerin Christina Rees, eine Wortführerin für die Weihe von weiblichen Bischöfen in der anglikanischen Kirche, Cottrell habe mit seinen Gedanken den Finger in die Wunde gelegt.

Das Thema habe vor dem Hintergrund der Fälle von sexuellem Missbrauch durch leibliche Väter wie durch Priester eine besondere Schärfe bekommen.

Stichwort: Vaterunser

Das bekannteste Gebet des Christentums hat seinen Namen nach den ersten beiden Worten, die in der lateinischen Fassung "Pater noster" (Vater unser) lauten. Es gilt in den Kirchen als "das Gebet, das Jesus selbst uns gelehrt hat". Dies bezieht sich auf das sechste Kapitel des Matthäus-Evangeliums, wo berichtet wird, Jesus habe seine Jünger dieses Gebet gelehrt. Das Gebet enthält sieben Bitten, die alles umfassen, worum Menschen Gott bitten können. Das Vaterunser ist das einzige Gebet, das von Christen aller Konfessionen gebetet wird.

Vaterunser / © Harald Oppitz (KNA)
Vaterunser / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA