DOMRADIO.DE: Sie stehen so sehr für das Kapuzinerkloster Liebfrauen in Frankfurt, dass man sich kaum vorstellen kann, dass Sie umziehen. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Bruder Paulus Terwitte (Kapuzinerbruder und im Vorstand der Franziskustreff-Stiftung): Ich werde im Sommer 64 Jahre alt und es gibt hier jüngere Brüder, die aktiv sind. Da ist es richtig gewesen zu sagen, ich gehe jetzt mal zu einem neuen Standort, damit die Brüder sich auf ihre Weise entfalten können.
Zum Zweiten sehe ich meine schwindenden Kräfte, sodass ich vor fünf Jahren begonnen habe, als Vorstand der Franziskustreff-Stiftung die Stiftung so zu gestalten, dass jüngere Leute die Leitung geschäftsführend übernehmen können. Vorsitzender bleibe ich noch.
DOMRADIO.DE: Sie haben selbst einmal gesagt, Sie haben weder Betriebswirtschaftslehre studiert noch einen kaufmännischen Beruf erlernt. Das war nicht ganz ohne die letzten Jahre...
Br. Paulus: Das ist natürlich nicht so ganz ohne, wenn man die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Stiftungsgründung nicht gelernt hat. Aber man hat auch gute Kollegen an der Seite, Leute aus der Stiftungswelt, aus dem Bundesverband deutscher Stiftungen, die man fragen kann und gute Anwälte, die einem zur Seite stehen. So konnte es möglich werden, diese Stiftung zu gründen.
Den vielen, vielen Wohltätern, die als Bürger einfach wollen, dass obdachlosen Menschen Gutes getan wird, wollte ich eine Möglichkeit geben, eine Institution in Frankfurt zu finden, wo sie Gutes tun können und die für obdachlose Menschen sorgt.
DOMRADIO.DE: Sie haben die Ehrenmedaille der Stadt Frankfurt. Sie sind dort sehr bekannt, auch über konfessionelle Grenzen hinaus. Nicht zuletzt sind Sie auch ein gefragter Redner, Gesprächspartner zu ethischen Themen rund um die Finanzwelt und in der katholischen Fernseharbeit aktiv. Wie schwer fällt Ihnen der Schritt Frankfurt den Rücken zu kehren?
Br. Paulus: Ehrlich gesagt fällt es mir nicht ganz so schwer, weil ich denke, ich habe hier gut gearbeitet und gewirkt auf meine Weise. Als Minderbruder bin ich jemand, der weiß, dass man unterwegs ist, um zu säen. Das, was ich an Gutem sehen konnte, kann aufgehen in den Herzen derer, die sich von mir angesprochen gefühlt haben und die auf ihre Weise dann weiterwirken.
Es muss ein Grundprinzip von Seelsorge sein, dass wir Menschen selbstständig machen und an ihre Möglichkeiten erinnern, die Gott ihnen gegeben hat.
Das habe ich auf meine Weise getan und im Vertrauen auf Gott, dass er jetzt weiter wachsen lässt, was ich gesät habe, kann ich mit Freude hier weggehen: Ich habe das Meinige getan, und was ihr jetzt tun sollt, das möge euch Christus lehren.
DOMRADIO.DE: Sie säen weiter in München im Kloster Sankt Anton. Welche Aufgabe wartet da auf Sie?
Br. Paulus: Die Brüder haben mich gebeten nach München zu gehen, um die dortige Gemeinschaft als Verantwortlicher zu leiten. Das nennt sich in der franziskanischen Welt "Guardian".
Zum Zweiten soll ich mich um jene kümmern, die uns Kapuziner unterstützen. Denn wir sind als Bettelorden angewiesen auf die Unterstützung guter Mitmenschen, die es gut finden, dass wir in einer gewissen Weise unabhängig von einer diözesanen Kirchenstruktur sind - weltweit, aber auch in Deutschland.
Ich soll neue Menschen finden, die begeistert sind, dass sich Minderbrüder für das Evangelium einsetzen, für die Seelsorge, für Menschen in Not. Ich freue ich mich darauf, dass ich unterwegs sein darf, um solche Menschen zu begleiten und neue zu finden.
DOMRADIO.DE: Haben Sie einen persönlichen Wunsch für Ihr weiteres Leben, für die Zukunft?
Br. Paulus: Ich hoffe, dass ich in der Gesellschaft von München einen Ort finde und Ansprechpartner bin für Menschen, die nach dem Sinn ihres Lebens suchen; insbesondere auch in der Finanzwelt, wie hier, und in der Immobilienwelt. München ist kein einfaches Pflaster für die Obdachlosen und armen Menschen, besonders für die Alten. Dafür möchte ich offen sein.
Denn auch Menschen, die in der vierten Lebensphase sind, suchen nach Sinn und nach Möglichkeiten, was sie hinterlassen können und wo sie noch über ihren Tod hinaus wirken können. Menschen, die sich über ihre Testamente Gedanken machen: Welchen Nachlass kann ich wo hingeben? Für solche Menschen Ansprechpartner zu sein und sie in ihren Fragen dahin zu führen, dass sie finden, wozu Gott sie eigentlich in diese Welt geschickt hat, darauf freue ich mich.
Das Interview führte Verena Tröster.