Im kleinsten Staat der Welt fährt nur einmal die Woche ein Zug: Im Vatikan startet immer samstags eine Regionalbahn Richtung Castel Gandolfo zur früheren Sommerresidenz der Päpste. Touristinnen und Touristen können einsteigen und einen Ausflug unternehmen. Aussteigen müssen sie am Ende des Tages allerdings auf italienischem Staatsgebiet. Im Vatikan gibt es nur Abfahrten und keine Ankünfte.
Kein regulärer Zugbetrieb
Der einzige Bahnhof liegt im Süden der Vatikanischen Gärten. Hinter dem Gebäude aus weißem Traventin fährt der Zug zwischen Ende März und Anfang November auf einem von zwei Gleisen ab. Erbaut wurde der Bahnhof im Jahr 1933, nachdem der Heilige Stuhl und das faschistisch regierte Königreich Italien 1929 die Lateranverträge unterzeichnet
hatten und es somit zur Gründung des Staates der Vatikanstadt kam. Mit diesem Schritt "verspürte man das Bedürfnis, die neue politische Realität mit der Außenwelt zu verbinden", erklärt der Audio-Guide beim Gang durch die Vatikanischen Gärten.
Einen regulären Zugbetrieb hat es im Vatikan nie gegeben. Die Päpste benutzten ihre Bahnstrecke nur zu besonderen Anlässen. So begann Johannes XXIII. 1962 eine Pilgerreise nach Loreto und Assisi am vatikanischen Bahnhof. Johannes Paul II. stieg 2002 in den Zug, um im Rahmen eines Weltgebetstreffens für den Frieden ebenfalls nach Assisi aufzubrechen.
Heute kann jeder ein Bahnticket erwerben. Im Preis von 55 Euro inbegriffen sind neben der Zugfahrt Audioführungen durch die Vatikanischen Museen, die Vatikanischen Gärten, den Papstpalast in Castel Gandolfo und die dortige Parkanlage.
Wenig Zeit für Sehenswürdigkeiten
Los geht es um 8.00 Uhr in den Vatikanischen Museen. Für die 26 Sammlungen und Sehenswürdigkeiten ist allerdings wenig Zeit, wie ein Vatikanmitarbeiter gleich am Einlass klar macht. Auf keinen Fall dürfe man den Treffpunkt um 9.50 Uhr am Giardino Quadrato verpassen, einem Vorgarten zu den Vatikanischen Gärten. Museums-Erstlinge sollten sich neben der Sixtinischen Kapelle also nicht zu viel vornehmen.
Mit 30 Minuten ist der Spaziergang quer durch die Vatikanischen Gärten ebenfalls knapp bemessen. Am Bahnhof wartet schon der grau-blaue Regionalzug der italienischen Bahngesellschaft Trenitalia. Hinaus geht es durch einen großen Bogen im vatikanischen Festungswall ins 30 Kilometer südöstlich vom Vatikan gelegene Städtchen Castel Gandolfo. Die dortige Sommerresidenz - ein 55 Hektar großer Komplex aus Villen, Gärten und einem landwirtschaftlichen Gut - hat Papst Franziskus 2014 für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Argentinier selbst bleibt im Sommer lieber im Vatikan und arbeitet.
Zu sehen sind dort unter anderem die früheren Privatgemächer der Päpste, darunter das Schlafquartier mit goldenem Bettgestell. Aus der Zeit von Benedikt XVI. dürfte die kleine bayerische Fahne auf einem der Schreibtische stammen. Der deutsche Papst hatte sich nach seinem Amtsverzicht 2013 nach Castel Gandolfo zurückgezogen, bevor er wieder in den Vatikan kam. In der Sommerresidenz ist auch die Sitzecke in der Bibliothek zu bestaunen, an der sich Franziskus und Benedikt 2013 erstmals nach dem Konklave begegneten - ein historisches Treffen zweier lebender Päpste.
Oliven und Trauben aus Castel Gandolfo
In einem Bus und mit Audio-Guide geht es schließlich durch die Gärten der Sommerresidenz, in denen Benedikt gerne spazieren ging und den Rosenkranz betete. Die Tour führt auch an dem Bauernhof vorbei, der den Vatikan mit Naturalien beliefert. In Castel Gandolfo werden zum Beispiel Oliven und Trauben angebaut, aus denen das Öl und der Wein für die Gottesdienste im Petersdom gemacht werden.
Sofia aus Chile ist begeistert von dem Ausflug. "Ich mag alte Sachen", sagt sie. "Vor allem die Sixtinische Kapelle hat mir gefallen. Man könnte auch fünf Tage in den Museen verbringen." Zum ersten Mal im Vatikan waren auch Emma und Angelina aus Australien. Beeindruckt habe sie die Geschichte und die Architektur. Für ihren Besuch hätten sie sich aber mehr Zeit gewünscht, sagt Angelina. "Ich habe mich etwas gehetzt gefühlt."