Das sagte das katholische Kirchenoberhaupt in einem Interview der spanischen Zeitschrift "Vida Nueva" (Freitag). Mit dem von Papst Johannes XXIII. (1958-1963) einberufenen Konzil (1962-1965) begann eine Erneuerung in Struktur, Liturgie und Seelsorge der katholischen Kirche sowie ihre Öffnung für einen Dialog mit anderen Konfessionen und Religionen. Schon bei früheren Gelegenheiten hatte der Papst betont, dass die vollständige Umsetzung dieses, wie er auch jetzt wieder sagte, "riskanten" Konzils weiter ausstehe.
Nachdenken über eigenes Wesen
Damals habe sich die Kirche erstmals in der Geschichte dem Nachdenken über ihr eigenes Wesen und ihre Sendung gewidmet und sich dabei neu als Volk Gottes und als Leib Christi entdeckt, erklärte Franziskus im Oktober 2022 zum 60. Jahrestag der Konzilseröffnung. Trotzdem gebe es nach wie vor Spaltungen und Polarisierungen in der Kirche.
Im aktuellen Interview kritisiert Franziskus eine immer wiederkehrende Angst, "dass wir alle heimlich von den 'Altkatholiken' angesteckt worden sind, die schon im Ersten Vatikanum behaupteten, die 'Bewahrer des wahren Glaubens' zu sein".
Altkatholiken und das Erste Vatikanischen Konzil
Die Altkatholiken entstanden im 19. Jahrhundert aus Protest gegen einige Beschlüsse des Ersten Vatikanischen Konzils (1869/70). Dort war verbindlich die päpstliche Unfehlbarkeit in Fragen von Glauben und Sitte verkündet worden. Zudem schrieb das Konzil die oberste Leitungsgewalt des Papstes in der gesamten katholischen Weltkirche fest.
Die Altkatholiken wollten sich von dem neuen Dogma absetzen, das sie als Bruch mit alten Glaubensüberlieferungen sahen. Nach ihrer Überzeugung bewahrten sie in ihrer kleinen, von der katholischen Kirche abgespaltenen Kirche den wahren Glauben.
Heute gibt es in Deutschland etwa 16.000 Altkatholiken. Der Bischof wird von einer Synode gewählt. Anders als in der römisch-katholischen Kirche dürfen Priester heiraten. Seit 1994 sind in der altkatholischen Kirche in Deutschland auch Frauen zum Priesteramt zugelassen.
Keine Veränderung der Lehre bei Weltsynode
Verdächtigungen, man wolle den Weg der Altkatholiken gehen, müssten mit klaren Argumenten zurückgewiesen werden, so Franziskus. Es sei wichtig, sich gegen jene zu wehren, die einem das Wort im Mund herumdrehten.
Mit Nachdruck wies der Papst in dem Interview als Unterstellung zurück, dass bei der bevorstehenden Weltsynode im Vatikan die Lehre der Kirche verändert werden solle. Einer Ordensfrau, die ihn danach fragte, habe er unlängst geantwortet: "Sag mal, meine Liebe, wer hat dir denn diese Idee in den Kopf gesetzt?"