Lange war unklar, ob es überhaupt zu diesem zweiten Wahlgang kommen würde. Die Staatsanwaltschaft in Guatemala wollte die Stichwahl verhindern, die Justiz ermittelte gegen die Partei des Außenseiters, der nun plötzlich Favorit ist.
"Pakt der Korrupten" an der Macht?
Nach turbulenten Wochen in dem mittelamerikanischen Land wird am Sonntag zwischen Sandra Torres (67) und Bernardo Arevalo (64) über die Nachfolge von Noch-Präsident Alejandro Giammattei (67) entschieden.
Internationaler Druck aus Europa und den USA sowie von den Menschen auf den Straßen machte letztlich den Weg für Arevalo frei.
Das Establishment Guetemalas hatte lange versucht, ihm und seiner Anti-Korruptions-Partei Movimiento Semilla so viele juristische Hürden wie möglich in den Weg zu stellen.
"Das zeigt einmal mehr, dass das Land von einem 'Pakt der Korrupten' regiert wird, wie es in Guatemala heißt", kritisiert Ines Klissenbauer, Expertin des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat.
Korruption, Gewalt und Straflosigkeit
Der noch amtierende Giammattei, der wegen einer Amtszeitbegrenzung nicht mehr antreten kann, kontrolliere bis heute mit reichen einflussreichen Gruppen Parlament, Justiz und staatliche Institutionen.
Die Folge sei ein Anwachsen von Korruption, Gewalt und Straflosigkeit.
Hinzu komme eine Kriminalisierung der indigenen Bevölkerung, um sie von ihren Territorien zu vertreiben und sich mit Ausbeutung der dortigen Bodenschätze zu bereichern, so Klissenbauer.
Viele Bürger hofften auf einen Befreiungsschlag durch Arevalo. Auch in Ecuador steht am Sonntag kein gewöhnlicher Wahlgang bevor.
Mord an Präsidentschaftskandidaten
Das südamerikanische Land geriet jüngst in die weltweiten Schlagzeilen, als der liberale Präsidentschaftskandidat Fernando Villavicencio bei einem Attentat in Quito ermordet wurde.
Seinen Platz auf dem Wahlzettel nahm Kollege und Freund Christian Zurita (53) ein. Wie Villavicencio ist er Investigativ-Journalist, der unter anderem über Korruption in der Amtszeit des linkspopulistischen Ex-Präsidenten Rafael Correa berichtete.
"Fernando Villavicencio wurde nicht für das ermordet, was er gesagt hatte, sondern für das, was er in Ecuador ändern wollte", sagte Zurita kürzlich.
Durch das Attentat wurde die Stimmungslage gründlich durcheinandergewirbelt. Niemand weiß, ob und wie sich das Wahlverhalten nun ändern wird.
Welle der Gewalt gegen Politiker
In den vergangenen Wochen und Monaten erlebte Ecuador eine Welle der Gewalt gegen Politiker: Der Bürgermeister von Manta, Agustin Anibal Intriago, wurde im Juli ebenfalls Opfer eines Attentats.
In der Woche vor der Wahl starb zudem der regionale Parteiführer Pedro Briones. Er wurde in der Provinz Esmeraldas erschossen.
Bislang sind die genauen Hintergründe all dieser Bluttaten unklar. Als sicher gilt indes, dass die organisierte Kriminalität dahinter steckt.
Villavicencio hatte vor seinem Tod öffentlich erklärt, Ecuador werde von mexikanischen Drogenkartellen und der albanischen Mafia beherrscht: "Für den Drogenhandel ist es nicht möglich, sich in einer Gesellschaft zu etablieren und sie zu unterjochen – ohne das Einverständnis und die Duldung der politischen Macht."
Stichwahl nicht unwahrscheinlich
Aktuelle Umfragen sehen die Linkspolitikerin Luisa Gonzalez (45) aus dem Lager von Ex-Präsident Correa mal mit 20,9, mal mit 29,2 Prozent vorne.
Dahinter darf sich der Indigene Yaku Perez (54) die besten Chancen auf eine Stichwahl ausrechnen.
Als unwahrscheinlich gilt, dass ein Kandidat schon im ersten Durchgang die erforderliche Mehrheit holt, so dass eine Stichwahl am 15. Oktober notwendig würde.
Der glücklose konservative Amtsinhaber Guillermo Lasso (67) hatte nach einer Krise im Mai das Parlament aufgelöst und den Weg für einen politischen Neuanfang freigemacht.