Katholischer Sozialverband IN VIA Köln feiert Jubiläum

"Wir bleiben unseren Wurzeln treu"

Als katholischer Mädchenschutzverein ist IN VIA Köln vor 125 Jahren gestartet. Heute kümmert sich der Verband um alle Jugendlichen in schwierigen Lebensphasen. IN VIA will für eine inklusive, moderne katholische Kirche stehen.

Symbolbild Hilfe und Zusammenhalt: Katholischer Sozialverband IN VIA Köln feiert Jubiläum / © Jacob Lund (shutterstock)
Symbolbild Hilfe und Zusammenhalt: Katholischer Sozialverband IN VIA Köln feiert Jubiläum / © Jacob Lund ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Im Jahre 1898 wurde der Sozialverband für Mädchen und Frauen IN VIA Köln gegründet. War das damals auch etwas ungewöhnlich?

Andrea Redding (privat)

Andrea Redding (Vorstand IN VIA Köln): Nein, es war nicht ungewöhnlich. Ende des 19. Jahrhunderts ist ganz viel passiert, um aus der bürgerlichen Bewegung heraus den Nöten der Zeit zu begegnen.

Wir haben im letzten Jahr hier in Köln das 125-jährige Bestehen des Deutschen Caritasverbandes feiern dürfen. Und 1898 wurde dann der katholische Mädchenschutzverein gegründet, das ist der Vorgänger von IN VIA Köln.

Andrea Redding

"Wir verstehen uns als Teil der Kirche, aber möchten gerne dazu beitragen, dass wir weltoffen und modern sind."

DOMRADIO.DE: Damals ging es vor allem darum, Frauen und Mädchen zu helfen, die ihren Wohnort auf dem Land verlassen hatten und in die Stadt gezogen waren. Worum geht es denn heute vor allem?

Redding: Wir bleiben an der Stelle unseren Wurzeln treu. Am Bahnhof fing alles an und am Bahnhof ist IN VIA Köln nach wie vor tätig und aktiv mit unserer Bahnhofsmission, die wir mittlerweile ökumenisch mit der Diakonie in Köln führen. In der Nähe des Bahnhofs haben wir unsere Radstation.

Die ist natürlich nicht nur für Mädchen und junge Frauen da, sondern für alle, die Lust haben, sich in Köln mit dem Fahrrad zu bewegen. Da kann man zum einen Fahrräder leihen, zum anderen aber auch sicher parken, das ist ja in einer Großstadt auch ein großes Thema, dass man seinen Drahtesel sicher unterbringen kann.

Zwei Mitarbeiterinnen der Bahnhofsmission gehen durch den Hauptbahnhof / © Sven Hoppe (dpa)
Zwei Mitarbeiterinnen der Bahnhofsmission gehen durch den Hauptbahnhof / © Sven Hoppe ( dpa )

Aber wir sind auch an ganz vielen anderen Stellen dabei, wenn es darum geht, junge Menschen auf ihrem Weg zu begleiten. Da sind es vor allen Dingen die Übergänge, die herausfordernd sind. Wir haben ganz viele Angebote am Übergang von der Schule zum Beruf, gerade für diejenigen, die einen etwas schwierigeren Start ins Leben haben, die vielleicht nicht von Hause aus die großen materiellen Voraussetzungen mitbringen. Denen wollen wir ein bisschen Begleitung anbieten und einen Start in ein gelingendes, selbstbestimmtes Leben ermöglichen.

DOMRADIO.DE: Sie haben das Leitbild von allen Menschen mit gleichen Chancen und Möglichkeiten in der Welt. Sie sind für Inklusion und Vielfalt und ein selbstbestimmtes Leben. Aber Sie sind ja auch ein katholischer Verband und die Kirche wird oft kritisiert, nicht so inklusiv, vielfältig und selbstbestimmt zu sein. Wie sehen Sie das?

Redding: Das schmerzt uns sehr, weil wir ein Verständnis von unserer Christlichkeit und von unserem Katholischsein haben, das sich auf Jesus Christus beruft. Und der war ein sehr inklusiv denkender Mensch, der ganz und gar nicht auf die Idee gekommen ist, große Unterschiede zu machen und schon gar nicht auf die Idee gekommen ist, sich an Regeln zu halten, die keinen Sinn machen.

Deshalb verstehen wir uns als Teil der Kirche, aber möchten gerne dazu beitragen, dass wir weltoffen und modern sind. Wir sind ein Angebot in einer Zeit, in der es viele Angebote gibt, die ähnlich wie 1898 nicht alle seriös sind, aber wir glauben, dass wir ein großes Pfund haben.

Wir würden uns sehr wünschen, dass wir das im Erzbistum Köln auch als Gemeinschaftsaktion schaffen könnten. Aber wir sind begrenzt in unserem Handeln, und wir tun das, was möglich ist. Deshalb haben wir uns den "Zehn Zusagen für Mitarbeitende der Caritas" sehr schnell angeschlossen, und wir sagen, es interessiert uns als Dienstgeber nicht, wie jemand privat sein Leben gestaltet und in welchen Lebensformen jemand unterwegs sein möchte.

Wir wollen gemeinsam unseren Dienst tun. Wir sind sehr froh, dass sich mittlerweile auch die Grundordnung im kirchlichen Arbeitsrecht entsprechend verändert hat. Das macht es leichter. Aber es ist noch viel zu tun, damit diese Kirche heute ankommt.

Andrea Redding

"Die öffentlichen Kassen, von denen wir mit unseren Angeboten zum großen Teil abhängen, werden immer leerer."

DOMRADIO.DE: Wie wird das Jubiläum gefeiert und was planen Sie für die Zukunft?

Redding: Der Jubiläumstag wird groß und bunt und das haben wir auch für die Zukunft vor. Wir starten mit einem gemeinsamen Gottesdienst, das zeichnet IN VIA Köln auch aus. Wir wissen um unsere Wurzeln. Das ist auch das Motto unseres Jubiläums: "Wurzeln und Flügel".

Dann werden wir einen offiziellen Festakt haben mit tollen Rednerinnen – fast nur Frauen auf der Bühne – und werden uns auch mit Improtheater und gutem Essen verwöhnen lassen. Dann wird es über den Abend immer lockerer. Wir werden eine "Mitarbeiter und Friends-Party" in unserem schönen Garten der Religionen erleben.

Für die Zukunft von IN VIA wünschen wir uns ein ähnlich buntes und vielfältiges Programm. Wir sind tatsächlich ein sehr vielfältiger Verein mit dem Anspruch, immer wieder innovativ zu sein. Insofern lässt es sich tatsächlich nicht prognostizieren, wo es hingeht. Im Moment sind die Zeiten nicht einfach. Die öffentlichen Kassen, von denen wir mit unseren Angeboten zum großen Teil abhängen, werden immer leerer. Wir kämpfen darum, dass unsere finanzielle Ausstattung bestehen bleibt. Aber wir wollen natürlich auch innovativ bleiben und uns immer wieder mit den Bedürfnissen der Menschen in ihrer Zeit befassen. Deshalb wird IN VIA in 125 Jahren definitiv ganz anders aussehen. Aber ich hoffe sehr, dass es das noch gibt.

Das Interview führte Florian Helbig.

IN VIA Köln

IN VIA Köln ist ein innovativer und zukunftsweisender, katholischer Sozialverband, der sich für Chancengleichheit und Teilhabe – unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, Religion, sexueller Identität und Unterstützungsbedarf einsetzt.

1898 aus dem Ehrenamt entstanden, ist IN VIA Köln einer der Pioniere deutscher Sozialarbeit. IN VIA ist ein Fachverband der Caritas und mit knapp 800 Mitarbeitenden und über 160 Ehrenamtlichen einer der größten Sozialverbände in Köln. (IN VIA / 25.08.2023)

Hilfe und Unterstützung für andere: Das Ziel von vielen Stiftungen / © Liderina (shutterstock)
Hilfe und Unterstützung für andere: Das Ziel von vielen Stiftungen / © Liderina ( shutterstock )
Quelle:
DR