Evangelische Kirche in Köln lädt zur Pop-Up-Hochzeit ein

Spontaner Liebessegen unter Plantanen

Die evangelische Kirche in Köln hat am Samstag die Vielfalt der Liebe gefeiert. Paare aller Altersgruppen, ob homo-, heterosexuell oder queer, waren eingeladen, sich segnen lassen. Viele nutzten das Angebot und sagten spontan "Ja".

Autor/in:
Stefan Rahmann
Ein Hochzeitspaar sitzt nebeneinander mit einem Brautstrauß / © Alex Gukalov (shutterstock)
Ein Hochzeitspaar sitzt nebeneinander mit einem Brautstrauß / © Alex Gukalov ( shutterstock )

Dichtes Gedränge herrscht an der Christuskirche am Kölner Stadtpark. Paare reihen sich ein, um eine Pop-Up-Hochzeit im angesagten Belgischen Viertel zu feiern. Der Evangelische Kirchenverband Köln und Region hat dazu eingeladen, sich spontan das Ja-Wort zu geben.

"Wir feiern die Vielfalt"

Beim Pop-Up-Hochzeitsfest der evangelischen Kirche in Köln ließen sich auch Sabine und Renate trauen / © Guido Schiefer (epd)
Beim Pop-Up-Hochzeitsfest der evangelischen Kirche in Köln ließen sich auch Sabine und Renate trauen / © Guido Schiefer ( epd )

Da die ursprünglich verfügbaren 40 "Zeitslots" bereits im Vorfeld ausgebucht waren, wird die Zahl der Plätze um 50 aufgestockt. 30 Pfarrerinnen und Pfarrer sowie Prädikantinnen und Prädikanten sind abwechselnd im Einsatz, um die Paare auf dem Kirchturm oder im Seifenblasenregen zu segnen.

"Wir feiern die Vielfalt", sagte Torsten Krall, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch, der zu den Initiatoren der Veranstaltung zählt. Jedes Paar, das seine Partnerschaft unter den Segen Gottes stellen wolle, sei willkommen, "egal ob gleichgeschlechtlich, frisch verliebt oder schon seit 30 Jahren zusammen".

Fünf Orte standen zur Auswahl

Blick auf die Christuskirche in Köln (shutterstock)

Rund um die Kirche gibt es fünf verschiedene Stationen, an denen Pop-Up-Hochzeiten stattfinden können. Eine Urkunde gibt es auch, wenn man den Personalausweis vorlegt.

Pfarrer Thomas vom Scheidt hat gerade ein älteres Ehepaar vor der Christuskirche gesegnet. "Sie waren sehr berührt von der besonderen Atmosphäre hier", sagt er. Im benachbarten Stadtgarten findet die Zeremonie unter einer alten Platane statt.

Auf Wunsch spielt ein Geiger dazu, ein Profi-Fotograf hält alles mit der Kamera fest. Es gibt Kaffee und frisch zubereitete Lütticher Waffeln. Und wer Lust auf eine kleine Spritztour durch das Viertel hat, kann sich in einer Fahrrad-Rickscha oder einem Mercedes-Oldtimer chauffieren lassen.

Trauung über den Dächern Kölns

Anna und Tobias haben sich den Turm der Christuskirche als Ort der Segnung ausgesucht. Hoch über den Dächern von Köln überreicht ihnen Pfarrerin Selma Thiesbonenkamp nach einem kurzen Gebet drei Schnüre, die sie zusammenflechten als Zeichen beider Leben und ihrer Liebe. Ihre zahlreich erschienenen Freunde brechen in lautstarken Jubel aus.

Diana Zulfoghari und Kaya Gerecek-Zulfoghari lassen sich am Pop-Up-Hochzeitsfest der evangelischen Kirche von Pfarrer Christoph Rollbühler in der Kölner Christuskirche trauen / © Guido Schiefer (epd)
Diana Zulfoghari und Kaya Gerecek-Zulfoghari lassen sich am Pop-Up-Hochzeitsfest der evangelischen Kirche von Pfarrer Christoph Rollbühler in der Kölner Christuskirche trauen / © Guido Schiefer ( epd )

Anna hatte in einem sozialen Medium von der Pop-Up-Hochzeit gelesen, sich und ihren Ehemann gleich angemeldet. Die beiden hatten im vergangenen Jahr standesamtlich geheiratet. "Nach Corona war der Andrang so groß, dass nur noch am 1. April Termine frei waren", erzählt Anna. Von den Freundinnen und Freunden oder der Familie konnten nicht alle dabei sein. So sei es toll gewesen, das jetzt in größerer Runde nachzuholen.

In einer eher stillen Zeremonie lassen sich dagegen Simone und Bernhard am Samstag im Stadtgarten segnen. Sie lebten seit 20 Jahren in einer bewegten On-Off-Beziehung, erzählen sie. Von dem Segen Gottes erhoffen sie sich ein wenig mehr Stabilität als Paar.

Voller Kalender zum Popup-Hochzeitsfest der evangelischen Kirche in Köln / © Guido Schiefer (epd)
Voller Kalender zum Popup-Hochzeitsfest der evangelischen Kirche in Köln / © Guido Schiefer ( epd )

Gibt es eine Wiederholung? 

Als Hochzeitsspruch ist der Bibelsatz "Lasst uns nicht lieben mit Worten, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit" (1. Johannes, 3,18) der Favorit bei den rund 80 Paaren, die sich über den Tag segnen lassen. Auch Anna und Tobias haben ihn sich ausgesucht. Der Spruch fasse die Grundsätze ihrer Beziehung in Worte, sagt Anna: "Wir sagen eigentlich nie 'Ich liebe dich'. Liebe ist für uns ein Schoko-Croissant auf dem Frühstückstisch und wenn ich ihn beim Joggen auf dem Fahrrad begleite."

Am Abend zieht Sammy Wintersohl, Pressesprecher des Kirchenverbandes, ein positives Fazit der besonderen Segensfeier rund um die Christuskirche: "Es ist beeidnruckend, wieviele Menschen unser Angebot angenommen haben. Wenn ich das hier sehe, kann ich mir gut vorstellen, das wir dieses Format wiederholen."

Berufung zur Ehe

Berufung (lat. vocatio): ein als von Gott geschenkter Lebensinhalt und wahrgenommene Neigung zu einer (geistlichen) Lebensweise. Im Alltag oft synonym gebraucht für Priester- oder Ordensberufung. Nach kirchlichem Verständnis setzen das Priesteramt und die Mitgliedschaft in einem Orden "ein Angerufensein von Gott" voraus, eine Berufung. Das Amt des Priesters ist demnach kein Beruf im heute üblichen Sinn; allerdings könnte der Gedanke der Berufung den Beruf näher und tiefer qualifizieren.

Es gibt nur 60 heiliggesprochene Ehepaare in der Kirchengeschichte / © Harald Oppitz (KNA)
Es gibt nur 60 heiliggesprochene Ehepaare in der Kirchengeschichte / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
epd