Misereor für Kehrtwende in deutscher Afrika-Politik

Nicht nur an sich selbst denken

Zum G20-Gipfel fordert das Entwicklungshilfswerk Misereor eine Kehrtwende im deutschen und europäischen Afrika-Engagement. Dieses müsse weniger die eigenen Interessen im Blick haben, sondern die Bedürfnisse der Menschen vor Ort.

Dürre / © yuthapong kaewboon (shutterstock)

"Deutsche und europäische Afrikapolitik dürfen nicht allein auf die eigene Energie- und Rohstoffversorgung, Absatzmarkterschließung, Terrorbekämpfung und Flüchtlingsabwehr abzielen", erklärte Afrika-Referent Carsten Bockemuehl am Freitag in Aachen. Dies werde vor Ort "zurecht höchst kritisch gesehen".

Forderung nach klimafreundlicher Wirtschaft

Nicht zuletzt die jüngste Putsch-Serie in West- und Zentralafrika zeige zudem, dass ein grundlegendes Umdenken im Umgang mit Afrika nötig sei, fügte Bockemuehl hinzu. Seit Jahren verlangten fortschrittliche Vertreter aus Politik und Gesellschaft einen Neuanfang in ihrem Verhältnis zu Europa.

Zu deren Forderungen gehörten unter anderem Investitionen in klima- und entwicklungsfreundliche Wirtschaftszweige mit Arbeitsplätzen für Einheimische, eine stärkere Unterstützung nachhaltiger und kleinbäuerlicher Landwirtschaft und die Einhaltung menschenrechtlicher und ökologischer Mindeststandards durch Großkonzerne.

Vorreiterrolle möglich

Außerdem müssten europäische Agrarsubventionen reduziert und Handelshemmnisse für afrikanische Exporte abgebaut werden, so Misereor.

Darüber hinaus müssten Schulden reduziert und öffentliche Gesundheitssysteme sowie die Impfstoffproduktion vor Ort ausgebaut werden: "Die Bundesregierung kann hier eine Vorreiterrolle spielen und endlich, zusammen mit lokalen Akteuren und Partnern, die Beseitigung politischer Ungerechtigkeiten vorantreiben."

An Wünschen der Bevölkerung orientieren

Gerechtigkeit, Frieden und Entwicklung in Afrika könnten nur nachhaltig gefördert werden, wenn die "Orientierung an den Perspektiven und Wünschen der lokalen Bevölkerung, insbesondere der armgemachten Gruppen" oberste Priorität habe.

Die Afrikanische Union wird beim diesjährigen G20-Gipfel zum ständigen Mitglied ernannt, da die wirtschaftliche und politische Entwicklung des Kontinents zunehmend globale Auswirkungen hat.

Auch die Bundesregierung richtet momentan ihr Afrika-Engagement neu aus; sie überarbeitet ihre Afrikapolitischen Leitlinien und bereitet einen zweiten Compact-with Africa-Wirtschaftsgipfel vor.

Bischöfliches Hilfswerk Misereor

Misereor ist das weltweit größte kirchliche Entwicklungshilfswerk. Es wurde 1958 von den katholischen Bischöfen in Deutschland auf Vorschlag des damaligen Kölner Kardinals Josef Frings als Aktion gegen Hunger und Krankheit in der Welt gegründet.

Der Name bezieht sich auf das im Markus-Evangelium überlieferte Jesuswort "Misereor super turbam" (Ich erbarme mich des Volkes). Sitz des Hilfswerks ist Aachen.

Logo des Bischöflichen Hilfswerks Misereor in einem Schaufenster / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo des Bischöflichen Hilfswerks Misereor in einem Schaufenster / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA