DOMRADIO.DE: Der Freiluft-Gottesdienst unter dem Motto "All you need is love" findet in der Nähe des Doms statt, aber eben auf städtischem, nicht auf kirchlichem Boden. Wie symbolisch ist das? Die Segen suchenden Menschen müssen leider draußen bleiben?
Marianne Arndt (Gemeindereferentin in Köln): Ja, genau. Natürlich wurde auch die Frage diskutiert, ob wir in eine Kirche gehen. Es wurde im Kreis der Vorbereitenden auch darüber debattiert, ob der Bahnhofsvorplatz ein würdiger Ort für einen solchen Gottesdienst ist?
Wenn mich einer der Innenstadt-Pfarrer einlädt und mir auch mit Gewissheit sagen kann, dass er mich nicht fünf Minuten vorher auslädt, dann können wir über eine Kirche als Ort reden oder nachdenken. Aber es kam keine Einladung. Somit bleiben wir auf städtischem Grund.
Vielleicht ist es genau das, was es ausmacht. Wir stehen auf dem Boden der Realität, auf dem Asphalt des Lebens. Da, wo Menschen ankommen, wo Menschen weiterreisen, wo Verzweiflung und Freude ist, bringen wir den Segen Gottes und werden an diesem Ort eine Kirche aus Menschen bauen.
DOMRADIO.DE: Das Ganze soll kein Happening werden, sondern ein feierlicher Gottesdienst. Wie genau ist diese Kirche aus Menschen geplant?
Arndt: Die Kirche aus Menschen entsteht, weil wir einen tollen Chor haben. Chorleiter Michael Kokott ist ganz engagiert und über 120 Chorsänger werden diesen Gottesdienst mitgestalten.
Über diese Menschen, die sich in ihrer freien Zeit hier engagieren, bin ich sehr dankbar. Sie werden unsere Orgel bilden. Wir werden alle mitsingen und wir werden aus den Menschen, die da sind, ein Kirchenschiff bauen und bilden. Dafür brauchen wir keinen Architekten und kein Geld.
In der Mitte dieser Kirche wird dann die Segnung stattfinden, an sechs bis acht Segensorten, die wir aufstellen und wo Paare kommen können und den Segen erbitten können.
DOMRADIO.DE: Wer wird segnen?
Arndt: Segnen werden Pastoral-, Gemeindereferenten und Priester aus dem Erzbistum Köln, aber auch aus anderen Diözesen.
DOMRADIO.DE: Priester werden auch dabei sein. Aber Sie wollen vorab keine Namen nennen. Warum?
Arndt: Ulrike Platzhoff (Anm. d. Red.: Gemeindereferentin im Sendungsraum Mettmann-Wülfrath) und ich stehen auf der Presseerklärung, wir sind namentlich bekannt. Wenn heute ein Anruf kommt und mich der Kardinal zurückpfeift, und ich bin dann trotzdem da, ist das eine andere Nummer, als wenn die Leute morgen dastehen und nachher eine Ansage erhalten. Wir wollen die Leute einfach schützen.
DOMRADIO.DE: Riskieren es die Priester und auch andere hauptamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wie auch Sie selbst durch die Teilnahme am Segnungsgottesdienst, ernsthafte Probleme mit Ihrem Arbeitgeber, mit dem Erzbistum Köln zu bekommen?
Arndt: Das können wir im Moment nicht absehen. Unter Umständen müssen wir damit rechnen. Kirchenrechtler, die wir befragt haben, haben gesagt, das Maximale, was passieren könne, sei eine Abmahnung. Die müssen wir dann in Kauf nehmen. Und das nehmen wir auch in Kauf, wenn es so weit kommen sollte.
DOMRADIO.DE: Der 20. September ist der neunte Jahrestag der Amtseinführung Kardinal Woelkis als Erzbischof von Köln. Wollen Sie den Kardinal mit dieser Aktion an genau diesem Tag auch ein bisschen provozieren?
Arndt: Als wir die Idee dazu hatten, wurde dieser Tag in der Tat aufgrund dieser Situation mit gesetzt. Aber in der weiteren Entwicklung ist das eigentlich für uns unrelevant.
Dieser Gottesdienst wird keine Provokation gegen etwas, sondern steht für etwas - nämlich dafür, dass Menschen nicht ausgegrenzt werden, sondern einbezogen werden. Dafür, dass die Liebe, die uns und den Menschen zueinander geschenkt ist, durchaus von Gott gesegnet werden darf. Wenn die Menschen darum bitten, dürfen wir es nicht verweigern.
Deswegen steht dieser Gottesdienst nicht gegen etwas, sondern für etwas, für Solidarität mit LGBTs, mit wiederverheiratet Geschiedenen und für Solidarität mit all denen, die den Segen aufgrund ihrer Mission, aufgrund ihrer Berufung schenken möchten, damit auch sie nicht weiter ausgegrenzt werden.
DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie sich für den Gottesdienst und für danach?
Arndt: Für den Gottesdienst wünsche ich mir erstmal gutes Wetter und dass viele Menschen kommen, die sich segnen lassen möchten. Denn eigentlich ist es ja so: Wir sind ja nur Segensmittler. Der Segen wird von Gott geschenkt. Ich bin ein Mittler, eine Mittlerin, die das ausspricht, nicht mehr und nicht weniger.
Außerdem wünsche ich mir, dass darüber hinaus die Motivation steigt, an vielen Orten diese Segnunggottesdienste wie selbstverständlich öffentlich zu machen und nicht versteckt in den Sakristeien. Dass wir dazu stehen, wozu wir beauftragt sind und dass dieser Gottesdienst in die Deutsche Bischofskonferenz weitergeht. Das ist viel eher unsere Motivation, denn die tagt einige Tage später.
Und dass der Gottesdienst vielleicht sogar bis nach Rom ausstrahlt, wo sich dann im Oktober die bischöfliche Weltsynode trifft. Die Synode soll ein Zeichen gesetzt bekommen, dass Veränderung unbedingt heute, nicht erst morgen, sondern eigentlich schon gestern notwendig ist. Deshalb lade ich alle ein, morgen um 18.30 Uhr zum Segnungsgottesdienst auf den Bahnhofsvorplatz in Köln zu kommen.
Das Interview führte Hilde Regeniter.