"Die überwiegende Zahl der bisher interviewten Personen war selbst kein Opfer eines strafrechtlich relevanten Missbrauchs", heißt es in dem am Mittwoch in Trier vorgestellten Bericht der früheren Staatsanwälte Jürgen Brauer und Ingo Hromada. Drei Befragte hätten persönlich unangemessene Verhaltensweisen erlebt, andere Zeitzeugen hätten sexuell motivierte Übergriffe auf andere beobachtet oder von diesen erfahren.
Neffe fand Bilder und Videos
Der Priester aus dem Bistum Trier soll über Jahrzehnte hinweg Missbrauchstaten und sexuelle Übergriffe dokumentiert haben. Nach dessen Tod hatte sein Neffe Fotos und Filme gefunden und sich an den Trierer Bischof Stephan Ackermann und die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Verantwortungsbereich des Bistums gewandt. Dabei hatte es zunächst Uneinigkeit über den korrekten Umgang mit dem Material und der Zuständigkeit gegeben. Auch die Staatsanwaltschaften Saarbrücken und Mainz hatten sich mit dem Fall beschäftigt. Im Saarland hatten Polizeibeamte sichergestellte Dokumente nach Abschluss der Ermittlungen vernichtet.
Weitere Interviews
Die Aufarbeitungskommission hatte eine wissenschaftliche Studie zu Dillinger in Auftrag gegeben. Um diese kümmern sich der frühere Koblenzer Generalstaatsanwalt Brauer und der frühere, stellvertretende Leiter der Staatsanwaltschaft Trier, Hromada. In den kommenden Wochen und Monaten wollen sie weitere Interviews führen, staatsanwaltschaftliche Akten auswerten sowie sich mit den Schriften des Theologen auseinandersetzen. Die Erlebnisse und Beobachtungen reichen laut Zwischenbericht von Beginn des priesterlichen Dienstes im Jahr 1961 bis zu einem Vorfall von 2018 in Fulda. Er war unter anderem auch in Erzbistum Köln, für einen selbst gegründeten Afrikahilfeverein und an einer Schule in Saarlouis tätig.
Bistum in der Kritik
Kritisch äußerten sich die beiden Ermittler zum Umgang des Bistums Trier mit der Vergabe des Bundesverdienstkreuzes am Bande an Dillinger im Jahr 1977. Die saarländische Staatskanzlei hatte damals um Stellungnahme gebeten und keine Einwände aus dem Bistum erhalten. "Tatsächlich sind in den Akten des Bistums massive sexuelle Übergriffe des Verstorbenen zum Nachteil von jugendlichen Opfern aus dem Jahr 1970 vermerkt", heißt es im Bericht. Zeitgleiche Anregungen zur Verleihung kirchlicher Ehrentitel hätten hingegen keine Zustimmung im Bistum gefunden.