DOMRADIO.DE: Sie sind Journalist und machen in Ihrer Freizeit den sehr erfolgreichen Pilger-Podcast - Der Camino-Podcast - Pilgern auf dem Jakobsweg. Wie sind Sie zum Pilgern gekommen?
Marcus Poschlod (Journalist und Podcaster): 2012 war ich das erste Mal Pilgern, seitdem sieben Mal. Es hat mich ganz schnell nicht mehr losgelassen. Davon sprechen auch viele, die auf dem Jakobsweg pilgern. Oft heißt es da, wer einmal Pilgern war, macht das immer und immer wieder.
Ausschlaggebend bei mir waren damals die verschiedensten Sachen: Es war eine große Portion Neugier, auch durch Hape Kerkelings Pilger-Buch "Ich bin dann mal weg". Aber es gab auch ein paar persönliche Sachen, bei denen ich dachte, es ist gut, wenn man sich dafür mal ein bisschen Zeit nimmt und dem Thema Raum gibt. Das habe ich dann auch gemacht und das war gut so.
DOMRADIO.DE: Was ist für dich das Wichtigste beim Pilgern? Manche pilgern ohne Bezug zu Gott, andere wollen im Gehen zu Gott finden.
Poschlod: Das ist ganz spannend. Viele Pilger sagen vorher, dass sie gar keine religiöse Seite in sich haben. Wenn man sie dann aber am Ende noch mal trifft, sagen sie oft etwas anderes. Also, es passiert etwas auf diesem Weg. Das ist total interessant und spannend.
Ich empfehle immer, alleine zu gehen. Es nicht mit einer Freundin, mit dem Freund, mit dem Partner oder der Partnerin zu machen, sondern sich Zeit für sich zu nehmen. Ich glaube, das ist eines der größten Luxusgüter, die wir heute haben können. Wirklich durchzuatmen und einfach mal nicht als Ehefrau, Ehemann, als Vater oder Mutter zu funktionieren, sondern als Person selber. Das ist, finde ich persönlich, immer am wichtigsten.
Ich kenne auch Ehepaare, die zusammen gestartet sind, die dann aber an den einzelnen Tagen jeder für sich laufen und sich nur abends in der Herberge oder Pension wiedertreffen. So haben sich beide am Abend auch was zu erzählen.
DOMRADIO.DE: Sie senden ab der kommenden Woche jeden Tag eine Stunde aus Santiago de Compostela - Montag bis Freitag um 18 Uhr. Was hört man da?
Poschlod: Ich freue mich auf diese Woche und bin sehr gespannt. Santiago de Compostela ist die Stadt, in der die Pilger ankommen, die Ziel-Stadt. Die Pilger stehen natürlich im Mittelpunkt, auch in der Sendung nächste Woche.
Aber es gibt auch eine ganze Menge Menschen, die dort vor Ort sind und dafür sorgen, dass es den Pilgern gut geht. Da gibt es die Seelsorge, da gibt es Priester, das Pilgerbüro, die Gastronomie. Es gibt viele Menschen, die im Drumherum dafür sorgen, dass das Finale dieser wichtigen Pilgerreise auch ein großer Erfolg wird.
Auch die sollen nächste Woche mal im Mittelpunkt stehen. Ich bin den ganzen Tag direkt auf dem Platz vor der Kathedrale. Da, wo alle ankommen. Ich stehe dort mit dem Mikrofon und werde immer wieder mit Pilgern sprechen, die ankommen.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet Santiago de Compostela für Sie persönlich?
Poschlod: Es ist für mich eine ganz besondere Stadt, weil ich irgendwann gemerkt habe, dass dort nur Gutes ist. Es ist ein bisschen schwer zu erklären. Man kommt nach seinem Jakobsweg dort an. Manche haben einen sehr, sehr langen Weg hinter sich. Manche sind schon in Deutschland gestartet, sind Monate auf dem Weg.
In Santiago entlädt sich dann in der Regel etwas Gutes, etwas Positives, eine Freude. Das spürt man in dieser Stadt. Da herrscht ein gewisser Frieden. Ich kann das nicht anders beschreiben. Ich würde sagen, so muss Woodstock von der Grundstimmung her gewesen sein.
Das ist jedes Mal wieder gleich, wann immer ich da bin. Man sieht, alle sind happy, alle sind glücklich. Ich hoffe, ich bekomme das nächste Woche auch ins Radio gezaubert.
DOMRADIO.DE: Auch in Ihrem Podcast "Der Camino-Podcast" geht es ums Pilgern.
Poschlod: Die Jakobswege - es gibt ja mehrere - heißen in der Regel Camino. Ich habe den Podcast einfach "Camino-Podcast" genannt, weil ich dachte, das passt ganz gut. Im Podcast spreche ich mit Menschen, die gerade pilgern waren, bevor sie das erste Mal pilgern gehen und auch, wenn sie wieder da sind.
Wie war es? Was haben Sie erlebt? Wie waren Ihre Erwartungen und wie war es letztendlich? Das alles sind sehr nette, unterhaltsame, lustige, sehr launige, aber zum Teil auch sehr ernste spirituelle Gespräche, bei denen ich auch denke, das habe ich jetzt gar nicht kommen sehen.
Nach Santiago kommt sozusagen das Ende der Welt - Cap Finesterre - wo noch viele Leute hinpilgern. Erst neulich erzählte mir eine Frau, sie habe eigentlich geplant, noch weiter zu laufen. Aber auch auf ihrem zweiten Weg habe das nicht geklappt. Sie sagte, sie weiß auch, warum.
Wäre sie dort nämlich angekommen und hätte keine Zeitnot gehabt, wäre sie dort geblieben. Sie wäre einfach ausgewandert. Einfach so. Es hat niemand zu Hause Bescheid gewusst. Solche Geschichten finde ich unfassbar. Die muss man erzählen und die werden im Camino-Podcast erzählt.
Das Interview führte Michelle Olion.
Information der Redaktion: Marcus Poschlod wird von Montag, 25.09. bis Freitag, 29.09. jeden Tag von 18 bis 19 Uhr bei DOMRADIO.DE im Radioprogramm auf Sendung sein.