DOMRADIO.DE: Köln steht im Zeichen der Dreikönigswallfahrt. Heute um 15 Uhr findet eine Andacht für und mit Geflüchteten im Kölner Dom statt, geleitet von Ihnen.
Das Streben nach Frieden und Gerechtigkeit passt hervorragend zur Friedensbotschaft dieser Dreikönigswallfahrt, was meinen Sie?
Weihbischof Ansgar Puff: Ja, Frieden kann nur entstehen, wo auch Gerechtigkeit herrscht. Das ist, glaube ich, momentan unser großes politisches Problem.
Nach der euphorischen Phase von 2015 – Stichwort "Wir schaffen das!" – erleben wir jetzt eher das Gegenteil.
Viele Menschen sagen: Nein, wir sind überfordert, wir schaffen es nicht mehr. Man grenzt sich vom Nächsten ab.
Es ist aber wichtig, dass wir als Christen eine neue Vision entwickeln, wie Frieden entstehen kann, und dass Gerechtigkeit die Voraussetzung dafür ist.
DOMRADIO.DE: Werden Sie diese politische Dimension auch in der Andacht ansprechen?
Puff: Wir werden unsere Sorgen über die geplanten Einschränkungen des Flüchtlingsschutzes und unsere Haltung dazu vor Gott bringen.
Deshalb wird die Ansprache heute auch von Herrn Dr. Hensel, dem Leiter des Diözesan-Caritasverbandes, gehalten, der auch die Aktion "Neue Nachbarn" -eine große Flüchtlingsunterstützungsinitiative unseres Bistums- leitet.
DOMRADIO.DE: Wie erfahren denn die Geflüchteten von dieser Andacht im Kölner Dom? Viele sprechen ja vielleicht gar kein Deutsch.
Puff: Wir führen diese Andachten für Geflüchtete bereits seit etwa sieben Jahren durch, und es ist fast schon zu einer guten Tradition geworden.
Wir haben Integrationsbeauftragte, die in allen Stadt- und Kreisdekanaten arbeiten und sehr gut vernetzt sind, nicht nur mit kirchlichen Akteuren, sondern auch mit anderen kommunalen Stellen, Wohlfahrtsverbänden und freien Initiativen.
Über sie haben wir die Informationen ausgespielt, und außerdem über die Internationale Katholische Seelsorge. Daher erwarten wir, dass der Dom heute wieder gut gefüllt sein wird – wie in den Vorjahren.
DOMRADIO.DE: Sie werden die Andacht gemeinsam mit Priestern verschiedener internationaler katholischer und orthodoxer Gemeinden leiten.
Puff: Das ist richtig. Wir wissen schon, dass Priester der syrisch-katholischen und ukrainischen Gemeinden teilnehmen werden.
Wir gehen auch davon aus, dass die äthiopisch-orthodoxe Kirche vertreten sein wird, und möglicherweise noch weitere Geistliche.
Aus diesen Gemeinden werden auch verschiedene Chöre kommen, die Lieder und Lobpreis in ihren jeweiligen Landessprachen darbieten werden.
DOMRADIO.DE: Zum Abschluss wird es eine Kerzenprozession durch den Kölner Dom geben.
Puff: Genau, es geht ja bei der Wallfahrt am Ende immer darum, am Schrein der Heiligen Drei Könige vorbeizugehen.
Seit Kurzem gibt es dort ja auch diesen Gegenstand, einen Metallstern, den man berühren kann und der die Reliquien enthält. Wir werden das durch eine Kerzenprozession auch noch vertiefen.
Dabei soll eine Ikone vorneweg getragen werden, die aus Beirut stammt und uns 2020 nach der schrecklichen Explosionskatastrophe in Beirut erreicht hat.
Diese Ikone wird von einem Kreuz begleitet, das von Lampedusa stammt. Und so werden alle Geflüchteten und ihre Unterstützer hinter Ikone und Kreuz mit ihren Kerzen zu den Heiligen Drei Königen gehen.
DOMRADIO.DE: Im Anschluss gibt es dann noch Gelegenheit zum Gespräch auf dem Pilgermarkt am Roncalliplatz vor dem Kölner Dom. Den Livestream der Andacht können Sie auch auf unserer Website sehen.
DOMRADIO überträgt den Wortgottesdienst mit und für Geflüchtete im Kölner Dom heute ab 15 Uhr, geleitet von Bischof Ansgar Puff. Vielen Dank, Herr Weihbischof.
Das Interview führte Carsten Döpp.