Die maronitische Pfarrei Mar Maroun hilft wo sie kann

Aus dem Herzen Beiruts zu den Herzen der Menschen

Wenn es überall brennt, kann man den Mut verlieren. Nicht so in einer Beiruter Pfarrei. Mit "Dramen und Wunder" stemmen hier Freiwillige karitative Arbeit auf bunte Weise: vom Seifenkochen über Hausbesuche zum Schneidern.

Autor/in:
Andrea Krogmann
Joseph Maroun, Ordensmann und Priester der maronitischen Gemeinde Mar Maroun arbeitet in seinem Paramente-Atelier in Beirut. / © Andrea Krogmann (KNA)
Joseph Maroun, Ordensmann und Priester der maronitischen Gemeinde Mar Maroun arbeitet in seinem Paramente-Atelier in Beirut. / © Andrea Krogmann ( KNA )

Wo anfangen, wenn alles am Boden liegt und jeder Hilfe braucht? Pfarrer Richard Abi Saleh der maronitischen Mar-Maroun-Kirche im Beiruter Stadtviertel Gemmayze scheint auf diese Frage nur eine Antwort zu kennen: überall. "Dramen und Wunder" heißt die Initiative, die er nach der verheerenden Explosion im Hafen 2020 ins Leben gerufen hat.

Sein Team aus rund 15 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern macht seither Hausbesuche, kocht Seifen und warme Mittagessen, schneidert liturgische Gewänder zum Selbstkostenpreis und verkauft hausgemachte Backwaren. Der Erlös fließt in die Sozialarbeit der Gemeinde.

Kaum mehr als einen Kilometer liegt Mar Maroun vom Beiruter Hafenbecken entfernt. Als dort am 4. August 2020 ungesicherte Lagerhallen mit tonnenweise Ammoniumnitrat explodierten, trafen die Druckwellen das Viertel mit Wucht. Die Spuren der Verwüstung schwinden nur allmählich. "Das Drama der Explosion ist ausgelöscht in meinem Kopf; ich erinnere mich nur noch an die Wunder", sagt Rania, eine der Ehrenamtlichen der Initiative.

Ein Pfarrvikar der schneidert

Rund 180 Familien um Viertel um die Kirche unterstützen die Freiwilligen von "Dramen und Wunder" direkt, "vor allem moralisch, indem wir Mauern einreißen und Vertrauen aufbauen", sagen sie. An drei Tagen pro Woche stehen Hausbesuche auf dem Programm. Täglich werden warme Mahlzeiten verteilt. Wo benötigt, hilft die Kirche bei Arztbesuchen oder kauft Medikamente.

Neben der Kirche hat sich Pfarrvikar Joseph Maroun eingerichtet. Das Kollar in den Kragen seines schwarzen Hemdes geschoben, überträgt er mit geübten Griffen ein Schnittmuster auf eine Bahn weißen Satins.

Zwischen Garnrollen und Bordüren schneidert er liturgische Kleidung für seine Mitbrüder zum Materialpreis. Ein Gewinn für alle Seiten: Gemeinden mit knappem Budget können so ihre Geistlichen einkleiden, und der schneidernde Priester fühlt sich durch die körperliche Arbeit näher an den Menschen. "Es ist gut, nicht nur Geld zu geben oder Spenden zu sammeln und weiterzugeben, sondern etwas von sich selbst zu geben", sagt Pater Joseph, der seit 2019 in Mar Maroun tätig ist.

Grundregel "bete und arbeite"

In knapp drei Monaten hat Joseph Maroun knapp 15 liturgische Gewänder gefertigt; Bestellungen für weitere 7 liegen auf dem Tisch. "Als Priester leisten wir viel intellektuelle Arbeit und haben die Tendenz, zu viel zu denken. Das Handwerk, dessen Wert und Schönheit ich in meiner Pfadfinderzeit schätzen gelernt habe, ist mein Gegenpol, wie in der benediktinischen Grundregel 'bete und arbeite'." Nur das Beten bei der Arbeit, das gehe ihm nicht immer leicht von den Lippen, lacht der Priester; "dann etwa, wenn ich Fehler mache und vor mich hinschimpfe".

Wenn der Pfarrvikar nicht am Altar steht oder an der Nähmaschine sitzt, ist er im Obergeschoss des Gemeindezentrums zu finden. Dann diskutiert er mit Ghada, Mari und anderen Helferinnen die pfarreieigene Seifenpoduktion. "Pater Joseph hat uns mit seiner Leidenschaft des Seifenmachens angesteckt", lacht Ghada.

Joseph Maroun, Priester der maronitischen Gemeinde Mar Maroun, und eine freiwillige Helferin vor einer Reihe von Seifenstücken aus der Produktion der Gemeinde. / © Andrea Krogmann (KNA)
Joseph Maroun, Priester der maronitischen Gemeinde Mar Maroun, und eine freiwillige Helferin vor einer Reihe von Seifenstücken aus der Produktion der Gemeinde. / © Andrea Krogmann ( KNA )

Elf Duftnoten haben sie bisher entwickelt; Klassiker wie Rose und Minze, orientalische Spezialitäten wie das warm-holzige Oud und "Parfüm von Beirut". Auch der Gewinn der liebevoll verpackten Seifen kommt den Bedürftigen der Pfarrei zugute. "Wenn du die Seife nutzt, machst du mit jeder Blase ein Kind glücklich, weil es ein Schulbuch oder ein Stipendium erhalten hat", sagt Ghada.

Arbeit und Würde statt Almosen

Die kreative Hilfe hat Nähe geschaffen, ein neues Wir-Gefühl für die Pfarrei, ihre Helfer und die unterstützten Familien, schildern die Freiwilligen. "Wir sind da, um zu helfen", sagt Rania. "Aber in Wirklichkeit helfen sie uns." Enger zusammengewachsen seien sie, ergänzt Ghada. Den Schwung, den die aus akuter Not geborene Hilfe in die Pfarrei gebracht hat, wollen sie langfristig nutzen. Das Schneideratelier und die Patisserieküche sollen ausgebaut werden.

Damit, so Pater Joseph, könnten wir Leute einstellen und ihnen statt Almosen Arbeit und Würde geben. In einer größeren Küche hätten neben Essen für die Bedürftigen auch Mittagsgerichte für die Arbeiter im Viertel Platz, deren Verkauf die Arbeit nachhaltiger machen soll.

Woher die Energie nehmen, wenn alles am Boden liegt und jeder Hilfe braucht? Die Antwort ist für die Helferinnen und Helfer im Team "Dramen und Wunder" klar: "Wir sind Phönizier! Wir sind immer aus der Asche auferstanden - und wir lieben unser Land."

Mitglieder der maronitischen Gemeinde Mar Maroun / © Andrea Krogmann (KNA)
Mitglieder der maronitischen Gemeinde Mar Maroun / © Andrea Krogmann ( KNA )
Quelle:
KNA