DOMRADIO.DE: Sie kommen gerade von einer Pressekonferenz im Rom. Was war das Thema?
Karl Hauke (Mitglied des Betroffenenrates bei der Unabhängigen Beauftragten für Fragen sexuellen Missbrauchs, in Rom ist er aber für ein Aktionsbündnis der betroffenen Initiativen in Deutschland): Als Mitglied des Aktionsbündnisses bin ich auch Unterstützer der Organisation ECA. Das steht für Ending Clergy Abuse (Beendigung von Missbrauch durch Geistliche, Anm. d. Red.) und ist eine internationale Menschenrechtsorganisation, die sich für die Aufklärung und Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch durch Kleriker vor allem in afrikanischen und südamerikanischen Ländern einsetzt. Aber wir sind hier mit 70 Betroffenen aus 25 Ländern der Welt vertreten.
DOMRADIO.DE: Welche Forderungen wurden denn in der Pressekonferenz an die Synode geäußert?
Hauke: Das sind zwei Hauptforderungen. Das eine ist unter dem Stichwort "Zero Toleranz" zusammenzufassen. Es darf keine Täter geben, die noch in Priesterämtern eingesetzt werden. Und es darf kein Bischofsamt für Vertuscher sexualisierter Gewalt geben.
Eine zweite Forderung bezieht sich auf den Vorsitzenden der Glaubenskongregation bei der Kurie. Denn Papst Franziskus dafür einen argentinischen Kardinal ausgewählt, der sich selbst in großem Umfang der Vertuschung von sexualisierter Gewalt in der argentinischen Kirche schuldig gemacht hat.
Es kann nicht sein, dass ein Schützer von Verbrechern als Chef einer Aufarbeitungs- und Aufklärungsinstitution herangezogen wird.
Internationale Betroffene haben sich hier in Rom getroffen, um dagegen laut und deutlich vor den Türen von Papst Franziskus zu protestieren.
DOMRADIO.DE: Wird das denn bei Papst Franziskus ankommen und bis zur Weltsynode vordringen?
Hauke: Es ist offensichtlich schon vorgedrungen, denn wir sind hier zum einen in großer Zahl, aber zum anderen auch mit vielfältigen Aktionen angetreten.
Ein Teil dieser Aktionen wurde uns von der Polizei verboten, obwohl sie angemeldet waren, unter anderem ein Plakat über die Situation bei der Aufarbeitung der sexualisierten Gewalt in Deutschland, nämlich ein Plakat mit den Herren Ratzinger, Marx und Woelki.
Auf dem Plakat verkörperten sie den Spruch "Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen", so nehmen wir die Situation in Deutschland wahr. Und weil der emeritierte Papst Benedikt XVI. darauf ist, hat die Polizei dieses Plakat nicht für unsere Demonstration zugelassen. Und auch der sogenannte "Hängematten-Bischof", ein Karenvalswagen des Künstlers Tilly, wurde nicht zugelassen. Der konnte zwar nach Rom einreisen, er durfte aber nicht am geplanten Aufstellungsort und Demonstrationsort direkt neben der Engelsburg platziert wurde.
Wir haben gemerkt, dass der Fahrer des Wagens und der Künstler unter sehr genauer Beobachtung standen. Wir vermuten, die römische Kurie hat wahrgenommen, dass wir da sind und hat das verboten und die Stadt Rom gebeten, ein Auge auf uns zu halten.
DOMRADIO.DE: Was erwarten Sie als Beauftragter und als Vertreter dieses Zusammenschlusses von Betroffenen aus aller Welt von der Synode?
Hauke: Es ist schwer, etwas von der Synode zu erwarten, bis auf die Forderungen, die wir gestellt haben. Wir möchten natürlich, dass sie umgesetzt werden.
Dieses Treffen hat auch das große Ziel der Vernetzung der Betroffenen auf internationaler Ebene. Deutschland hat eine recht gute Infrastruktur mit der Beauftragten zu Fragen der sexualisierten Gewalt, mit den Betroffenenrat, mit der Bildung von Aufarbeitungskommissionen in den Bistümern und auch auf Landesebene.
All das haben die Länder außerhalb von Europa nicht in dem Maße. Das wollen wir unterstützen.
Wir haben hier viele Gespräche. Wir reden mit den Betroffenen aus den anderen Ländern, wie wir es bei uns machen, wie man es machen kann. Wir kriegen aber auch die Widerstände in den anderen Ländern dargestellt.
Das Interview führte Johannes Schröer.