DOMRADIO.DE: Erklärt uns doch mal, worum es diesmal bei der Synode eigentlich geht.
Ingo Brüggenjürgen (DOMRADIO.DE-Chefredakteur): Wenn man das Wort "Synode" hört, denkt man in Deutschland schnell an die evangelische Kirche und an den Synodalen Weg, den sich die katholische Kirche verordnet hat, an Abstimmungen und verbindliche Beschlüsse.
Genau das ist diese Synode aber nicht. Auf der Synode werden grundsätzliche Fragen diskutiert, wie die Kirche sich für die Zukunft positionieren muss, wie sie sich aufstellen muss und wie man innerhalb der Kirche mit den gesellschaftlichen Herausforderungen zurechtkommt. Dafür hat der Papst seiner Kirche vor zwei Jahren die Synode verordnet.
In den Diözesen wurden die Gemeinden befragt, das wurde über alle Kontinente hinweg zusammengetragen und jetzt in Rom kommen seit der Befragung erstmalig alle zusammen. Hier wird gerade Weltkirche sichtbar. Im nächsten Jahr soll das Ganze abgeschlossen sein. Eventuell werden dann auch Ergebnisse anstehen.
DOMRADIO.DE: Papst Franziskus hat in seiner Predigt sehr deutlich gemacht, wie er die Zukunft der Kirche sieht. Was ist ihm wichtig?
Brüggenjürgen: Eine Kirche, die mit Barmherzigkeit auf die Menschen schaut. Er wünscht sich eine geschwisterliche Kirche, in der man aufeinander hört, in der man miteinander redet, sich gegenseitig ermutigt und vielen Menschen den Weg zum Glauben eröffnet.
Er hat auch ganz deutlich gemacht, was er nicht will. Ideologische Grabenkämpfe. Er will hier kein polarisierendes Parlament. Das ist nicht sein Reformplan. Er will eine Kirche, die für alle offen ist. Das geht aber nicht – so der Papst wörtlich – mit einer starren Kirche, die sich von der Welt völlig abschottet und auch nicht mit einer lauen Kirche, die der Moderne alles gibt. Er will eine lebendige Kirche und das hat er hier lautstark auf seine eigene Art und Weise ins Wort gebracht.
DOMRADIO.DE: Was können wir uns denn vom heutigen Tag noch erhoffen? Werden die Teilnehmer der Synode heute schon mit ihrer Sitzung beginnen?
Brüggenjürgen: Das geht heute los und die nächsten knapp drei Wochen geht es hier nur darum, dass man dieses 72-Arbeitsinstrument, so heißt das Papier, dass im Vorfeld erstellt wurde, abarbeitet. Man trifft sich hier in der Audienz-Halle. Hier ist man eigentlich gewohnt, dass vorne einer spricht und alle zuhören.
Ich habe gestern ein schönes Bild aus dieser Halle gesehen. Dort gibt es Tisch-Gruppen, also auch für kleinere Gesprächsrunden. Bei 365 Teilnehmern, zusätzlichen Experten und Beobachtern ist das ja gar nicht so einfach. Schauen wir mal, ob das klappt, was sich der Papst in seiner Predigt gewünscht hat. Nämlich dass sich die Delegierten demütig, leidenschaftlich, aber auch fröhlich auf ihren Weg machen.
DOMRADIO.DE: Bei der Weltsynode der Bischöfe sind ja dieses Mal nicht nur Bischöfe stimmberechtigt. Wie wird sich das auf die Atmosphäre und den Ablauf auswirken?
Brüggenjürgen: Ich gehe davon aus, dass wir das merken werden. Wir haben das auch in Deutschland gemerkt. Beim Synodalen Weg haben plötzlich kleine Dinge große Wirkung gezeigt. Als beispielsweise die Delegierten in Deutschland gemeinsam und alphabetisch eingezogen sind, oder dass sich gar nicht mehr an Hierarchien gehalten wurde.
Dadurch, dass hier so viele nicht Geweihte vor Ort sind und auch über 50 Frauen stimmberechtigt dabei sind, werden sich auch Auswirkungen zeigen. Klar, die Bischöfe haben eine Zweidrittelmehrheit, aber sobald so eine Versammlung ein bisschen geknackt ist, verändert sich die Atmosphäre. Ich glaube, da gibt es jetzt eine entsprechende Öffnung.
DOMRADIO.DE: Aber so wirklich wichtige Beschlüsse werden dieses Mal in Rom von dem Treffen nicht erwartet, oder?
Brüggenjürgen: Nein, die stehen erst dann an, wenn die Synode zum Ende kommt. Das wird erst im nächsten Jahr so sein. Dann werden sich die gleichen Delegierten hier nochmal treffen. Jetzt geht es um diesen lernenden Prozess, in dem man aufeinander zugeht, miteinander diskutiert und ringt.
Es wird sich in den nächsten drei Wochen zeigen, in welche Richtung sich die Versammlung bewegt. Am Ende muss der Papst natürlich entscheiden und seine Kirche auf den Weg bringen. Ihm geht es jetzt darum, das Ganze auf möglichst breite Füße zu stellen.
Das Interview führte Tim Helssen.