Theologe zieht positives Fazit der Weltsynode 2023

"Hätte nicht gedacht, dass wir so weit kommen"

Die Weltsynode in Rom ist für dieses Jahr zu Ende gegangen. Für Synodenteilnehmer Thomas Söding ist mehr geschafft worden als angenommen. Die Probleme seien erkannt worden. Jetzt sei wichtig, dass die Energie nicht verpuffe.

Thomas Söding / © Julia Steinbrecht (KNA)
Thomas Söding / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden? Sind Sie glücklich?

Prof. Dr. Thomas Söding (Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, als Experte Teilnehmer an der Weltsynode): Das war heute noch mal ein richtig harter Tag. Stundenlang wurde dieser Text (Abschlussdokument, Anm. d. Red.) vorgelesen, der vorher mühsam erarbeitet worden war. Aber ich sage "Ende gut, alles gut". So weit wie heute konnte die katholische Kirche - Stand 2023 - kommen. Und jetzt geht der synodale Weg weiter.

DOMRADIO.DE: Wenn Sie auf den deutschen Weg schauen... Da gab es ja schon einige Dinge, die man beschlossen hat. Wie würden Sie es im Kontext mit dieser Weltsynode sehen?

Dr. Thomas Söding, Theologe und Synodenteilnehmer

"Die katholische Kirche hat weltweit verstanden, dass sie mit dem Beharren auf der festen bischöflichen Autorität nicht weiterkommt."

Söding: Ich glaube, es ist jetzt eines ganz, ganz deutlich geworden: Die katholische Kirche hat weltweit verstanden, dass sie mit diesem Beharren auf dieser ganz festen bischöflichen Autorität nicht weiterkommt, sondern dass dies ein Teil des Problems und nicht ein Teil der Lösung ist.

Gruppenbild mit einigen Damen und dem Papst: Foto der Synodenteilnehmenden mit Papst Franziskus während der Weltsynode am 23. Oktober 2023 im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Gruppenbild mit einigen Damen und dem Papst: Foto der Synodenteilnehmenden mit Papst Franziskus während der Weltsynode am 23. Oktober 2023 im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Ja, wir brauchen ein starkes Bischofsamt, aber starkes Bischofsamt, starke Gemeinden, starke Vertretung, starke Partizipation. Das ist die Botschaft, die von der Weltsynode in Rom ausgeht. Das ist Rückenwind für das, was wir in Deutschland noch vorhaben.

Ich bin sicher, dass wir verschiedene Modelle zu erproben haben in der katholischen Kirche und das, was wir in Deutschland jetzt am 10. November mit dem synodalen Ausschuss beginnen oder neu beginnen und weiterführen, das ist eine relevante Möglichkeit.

DOMRADIO.DE: Wenn man auf das Ergebnis insgesamt schaut, kann man also sagen Deutschland ist nicht allein?

Söding: Wir sind nicht allein, was die Probleme anbelangt, Gott sei's geklagt. Sexualisierte Gewalt, die systemische Ursachen hat, gibt es weltweit. Das ist auch aufgeschrieben worden, zum ersten Mal in der Klarheit in einem römischen Text, der ja in Wirklichkeit ein weltweiter Text ist.

Ja, es gibt ein paar, die sich vielleicht noch schärfere Formulierungen gewünscht hätten. Aber ich sage, es war nicht selbstverständlich, dass wir von diesen so genannten "Ursachen" wegkommen, sondern dass wir jetzt eine klare Analyse haben. Das ist das eine.

Auf der anderen Seite wissen wir in Deutschland, wie viele Ressourcen es gibt, um wirklich in der Kirche voranzukommen. Selbstverständlich sind die Bischöfe wichtig. Selbstverständlich sind die Priester wichtig, aber die Gaben sind ja viel weiter verteilt.

Papst Franziskus spricht mit zwei Teilnehmerinnen bei der Weltsynode / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus spricht mit zwei Teilnehmerinnen bei der Weltsynode / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Welche Rolle Frauen spielen – auch das ist zum ersten Mal in dieser Öffentlichkeit, in dieser Breite mit dieser Wucht zum Ausdruck gebracht worden. Ja, da sind einzelne Forderungen wieder etwas schwach: "Lasst uns noch mal über die Ordination von Frauen nachdenken." Ja, macht mal, sage ich, da bin ich ziemlich hoffnungsvoll, was das Ergebnis anbelangt.

DOMRADIO.DE: Es ist ja sozusagen nur die vorletzte Etappe, der letzte Schritt kommt 2024. Gibt es irgendwie noch konkrete Arbeitsaufträge?

Thomas Söding

"Wir haben eine Chance, die Kirche zu erneuern und die müssen wir jetzt nutzen."

Söding: Das müssen wir immer zusammendenken. Ich hätte jetzt nicht unbedingt gedacht, dass wir so weit kommen, wie wir heute gekommen sind. Es ist tatsächlich auf zwei Jahre angelegt. Es gibt eine Fülle von Aufträgen, die jetzt formuliert worden sind. Das sind so viele, dass man fragen kann, ob sie alle innerhalb eines Jahres seriös beantwortet, gelöst werden können. Aber ich glaube, man muss in die richtige Richtung jetzt gehen.

Was fehlt bislang, ist noch mal eine Fokussierung auf zwei, drei ganz entscheidende wichtige Fragen, zu denen es auch taffe Antworten geben muss. Ich hoffe, dass diese Dynamik, die doch zum Schluss von dieser teilweise etwas mühsamen Synode ausgegangen ist, dann vielen, vielen Menschen hilft.

Symbolbild Pfarrgemeinderat / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Pfarrgemeinderat / © Harald Oppitz ( KNA )

Jetzt ist wichtig, dass die Energie nicht verpufft. Jetzt ist es wichtig, dass Öffentlichkeit hergestellt wird. Es ist wichtig, dass in den Ländern dieses Thema aufgenommen wird, dass wirklich noch mal gesehen wird: Ja, wir haben eine Chance, die Kirche zu erneuern und die müssen wir jetzt nutzen.

DOMRADIO.DE: Man hat immer gesagt, primär ist es eine Synode der Synodalität. Man will also auch definieren, wie zukünftig Entscheidungs-, und Machtfragen geklärt werden...

Thomas Söding

"Das Problem ist erkannt worden."

Söding: Das halte ich tatsächlich für die Schlüsselfrage, weil wir natürlich viele einzelne Themen haben, auf die es neue Antworten geben muss. Aber auch die Art und Weise, wie das geschieht, ist wichtig. Das Problem ist erkannt worden.

Das Thema der strukturierten, der organisierten Partizipation findet sich an vielen verschiedenen Stellen dieses Textes, insbesondere unter zweierlei Rücksicht. Einerseits haben die Bischöfe eine Verantwortung, nicht alles an sich zu ziehen, sondern genau diese Prozesse der Beteiligung zu initiieren und damit auch einfach Macht abzugeben und Verantwortung zu teilen.

Die andere Seite liegt bei all denjenigen, die sich jetzt für diese katholische Kirche engagieren. Jetzt gibt es neue Möglichkeiten, diese müssen gestärkt werden. Bitte bringt euch ein!

DOMRADIO.DE: Abschließend eine Schlagzeile, die am Ende stehen sollte, wenn Sie sie machen müssten?

Söding: Mit der katholischen Kirche geht es weiter. Sie hat eine Zukunft und wenn sie eine Zukunft hat, dann in der Richtung, die ich heute erkannt habe.

Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen. 

Weltsynode 2021-2024

Mit der Weltsynode hat Papst Franziskus in der katholischen Kirche etwas Neues geschaffen. Erstmals werden bei einer Synode Nicht-Bischöfe und Nicht-Priester im großen Umfang ein Stimmrecht haben, darunter auch Frauen.

Inhaltlich soll es vor allem um neue Wege der Mitwirkung der kirchlichen Basis bei wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche gehen. Obwohl erstmals auch nicht geweihte Männer und Frauen ein Stimmrecht haben, handelt es sich kirchenrechtlich um eine Bischofssynode.

Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
DR