Die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs bezog sich in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt (Mittwoch) auf die gemeinsame Arbeit im EKD-Beteiligungsforum, in dem Betroffene mitwirken. Die Aufarbeitung in einem Vorgängergremium, dem Betroffenenbeirat, war vor zwei Jahren gescheitert.
Die Geistliche wies die Kritik des Münsteraner Kirchenrechtlers Thomas Schüller zurück, die evangelische Kirche liege weit hinter der Aufarbeitung von Missbrauch in der katholischen Kirche zurück. "Ich halte wenig von solchen Vergleichen, weil sie suggerieren, dass es einen klar definierten Weg zur Aufarbeitung gibt, der für alle Institutionen gleich ist", so Fehrs. Beide Kirchen seien in ihrer Struktur und in ihren Entscheidungswegen unterschiedlich.
Verlorenes Vertrauen wiederherstellen
"Ich kann für die evangelische Kirche sagen, dass wir einen klaren Fahrplan haben", führte Fehrs aus. Im Dezember werde eine gemeinsame Erklärung mit der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs abgeschlossen. Und im Januar werde die unabhängige Forum-Studie vorgestellt, "die so umfassend wie nie zuvor die Dimension sexualisierter Gewalt in unserer Kirche, aber auch in der Gesellschaft aufzeigen wird". Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hatte 2018 eine ausführliche Missbrauchsstudie veröffentlicht. Zudem haben in der Folge zahlreiche Bistümer sexualisierte Gewalt in ihrem Bereich eingehender untersuchen lassen.
Laut Fehrs muss es der Kirche bei der Aufarbeitung darum gehen, verlorenes Vertrauen wieder herzustellen. "Dafür werden viele Gespräche notwendig sein." Und die für Januar angekündigte Studie werde sicher viele strukturelle Probleme aufzeigen, "die wir zu bearbeiten haben".
Fehrs hat kommissarisch den EKD-Ratsvorsitz übernommen, nachdem Annette Kurschus dieses Amt und ihren Leitungsposten als Präses der westfälischen Landeskirche am Montag niederlegte. Sie reagierte damit auf Vorwürfe, schon Ende der 1990er Jahre als Pfarrerin in Siegen vom Verdacht eines sexuell übergriffigen Verhaltens durch einen damaligen Kirchenmitarbeiter erfahren, aber keine Konsequenzen gezogen zu haben.
Fehrs ist seit zwölf Jahren Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck in der Nordkirche, die aktuell von Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt geleitet wird. Zudem gehört Fehrs dem EKD-Beteiligungsforum an.