Fürst stehe "für einladende und für eine zeitgenössische Kirche, die auf heutige Fragen keine gestrigen Antworten gibt", sagte Kretschmann am Samstag beim Festakt zur Verabschiedung des seit 23 Jahren amtierenden Bischofs in der Rottenburger Festhalle.
Die Kirche habe die Aufgabe, "den Glauben in der säkularen Welt anschlussfähig zu halten, weil sie nur dann Orientierung bieten, Zusammenhalt schaffen und Sinn stiften kann", sagte Kretschmann. Ihn beschleiche daher eine "große Sorge, wenn die Kirche schwächelt und die Menschen ihr den Rücken kehren", sagte der Ministerpräsident. "Ein einzelner Bischof kann den Trend nicht umkehren", so Kretschmann. Doch er könne dazu beitragen, dass die Kirche in Kontakt mit den Menschen bleibe und die Themen der Zeit anpacke.
Klimaschutz und "gelebte Ökumene"
Fürst habe sich etwa früh für den Klimaschutz und für "gelebte Ökumene" eingesetzt. Ebenfalls frühzeitig habe er Einsatz für Missbrauchsopfer gezeigt. In persönlichen Worten dankte Kretschmann Fürst für dessen "Freundschaft", die beide seit langem in vielen Gesprächen "über Gott und die Welt" teilten.
Fürst scheidet an diesem Samstag aus dem Amt. Wie vom Kirchenrecht vorgeschrieben, hatte er anlässlich seines 75. Geburtstag, den er an diesem 2. Dezember feiert, Papst Franziskus seinen Rücktritt angeboten. Franziskus hat inzwischen den Amtsverzicht angenommen. Der Papstbotschafter in Deutschland, Nuntius Nikola Eterovic, dankte Fürst bei seiner Rede in Rottenburg "für alles Gute, dass Sie als Bischof getan haben" und überbrachte "die besten Wünsche des Bischofs von Rom".
Vier Bischofsstühle unbesetzt
Fürst ist seit dem Jahr 2000 Bischof des Bistums Rottenburg-Stuttgart und damit der am längsten amtierende deutsche Ortsbischof. Am Nachmittag schließt sich an den Festakt ein Gottesdienst im Rottenburger Dom an, bei dem der Bischofskonferenz-Vorsitzende Georg Bätzing sprechen wird. Den Ausklang bilden ein Zapfenstreich und ein Bürgerfest auf dem Marktplatz.
Mit dem Ausscheiden von Fürst wird ein vierter Bischofsstuhl in Deutschland unbesetzt sein. Vakant sind - teilweise seit mehr als einem Jahr - die Bischofssitze in Bamberg, Paderborn und Osnabrück. Die Neubesetzung dürfte auch zu einer kirchenpolitischen Richtungsentscheidung seitens des Vatikans werden. Zunächst aber wird in Rottenburg-Stuttgart ein Diözesanadministrator gewählt werden, der als Übergangsverwalter das Bistum leiten wird, bis es einen Nachfolger für Fürst geben wird.