Mit dem Rücktritt werde die Rede- und Gesprächskultur der Kirche selbst zum Streitgegenstand, sagte die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, die der EKD-Synode angehört, am Freitagabend in Kassel beim Adventsempfang der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck.
Mehr zu reden und sich kritischen Nachfragen zu stellen hätte bereits zuvor gutgetan, erklärte Göring-Eckardt, die digital zugeschaltet war. Opfer sexualisierter Gewalt müssten Gehör finden. Über das rechte Streiten in der Kirche müsse gestritten werden. Die Streitkultur sei oft zu lethargisch, dabei gebe es genügend Themen, bei denen man nicht derselben Meinung sein könne.
Wo kein Streit, da keine Demokratie
Als Beispiel nannte Göring-Eckardt den Streit über Krieg, Frieden und Waffenlieferungen. "Als Kirche ein Ort des richtig guten Streitens zu sein, das könnte stilprägend sein", sagte sie. "Die Menschen wollen, ob Kirchenmitglied oder nicht, dass Kirche auch kontroverse Themen anspricht und sich einmischt."
Mit Blick auf Parlamente sagte Göring-Eckardt, wer in einer Demokratie leben wolle, müsse mit Streit leben: "Demokratie ist, wenn der Streit ausgetragen wird, mit Respekt natürlich und ohne Gewalt." Wo kein Streit sei, könne letztlich auch keine Demokratie sein. Das Parlament sei das Schaufenster des demokratischen Streites, Politiker und Politikerinnen könnten in ihrem Streiten zu Vorbildern werden.
Streit in sozialen Medien unkultiviert
Gegen populistische Rattenfänger hilft es nach den Worten der Bundestagsvizepräsidentin nicht, politischen Streit schamhaft zu verstecken oder staatstragend zu überspielen. Es gelte, Demokratie mit Leben zu füllen und dem Streit Raum und Zeit, Rahmen und Regeln zu geben.
Göring-Eckardt bedauerte, dass der Streit in den sozialen Medien unkultivierter, der Umgangston rauer und die Stimmung gereizter werde. Hassrede sei kein Streit, sondern verhindere Debatten und Meinungsbildung. Sie stelle Menschen statt Argumente infrage.