Evangelischer Bischof warnt vor wachsendem Alltagsrassismus

"Jeder Fremde ist das Gesicht Christi"

Die Gesellschaft müsse aufpassen, dass sie ihre Gastfreundschaft nicht verliere, so der evangelische Bischof, Friedrich Kramer. 1989 hätten sich die Menschen in der damaligen DDR eine weltoffene Gesellschaft mühsam erkämpft.

Autor/in:
Matthias Thüsing
Die WissenschaftlerInnen kritisieren die aus ihrer Sicht faktenfreien Debatten über Geflüchtete in Deutschland / © Felix Kästle (dpa)
Die WissenschaftlerInnen kritisieren die aus ihrer Sicht faktenfreien Debatten über Geflüchtete in Deutschland / © Felix Kästle ( dpa )

Wer nun Mitbürger wegen ihrer Hautfarbe ablehne, missachte nicht nur die zentrale Botschaft der Bibel. Er schade auch dem Wohlstand des Landes.

Kramer betonte, gerade im Bereich der Migrationspolitik werde derzeit vieles und auch "leider ernsthaft debattiert", was menschenrechtlich nicht vertretbar und umsetzbar sei. Es entspreche der christlichen Grundhaltung, dass jeder Fremde das Gesicht Christi sei, sagte er: "Das heißt, dass jeder Mensch, der in Not ist, Hilfe und Schutz erhalten muss." Viele Kirchenmitglieder seien dabei sehr engagiert, seien jedoch "auch vielerorts an ihre Grenzen gekommen".

Debatte über Migration

Daher sei es zu begrüßen, über das Thema Migration zu debattieren. "Es ist ja ein politisches Thema, das die Menschen bewegt", sagte Kramer: "Es braucht auch Lösungen." Diese Debatte müsse jedoch geführt werden, ohne "in einen diffusen Rassismus" zu verfallen. "Wir dürfen den Hilfesuchenden nicht nach seinem Aussehen bewerten und davon unsere Hilfe abhängig machen", mahnte Kramer.

Wohlstand durch Weltoffenheit

So müsse die Debatte nicht nur in Bezug auf die Bedürftigen von außerhalb geführt werden, sondern auch im Bereich der Arbeitsmigration. Deutschland benötige dringend ausländische Arbeitnehmer, etwa in den sozialen Diensten, sagte der Bischof: "Aber wer wird denn bei uns arbeiten wollen, wenn wir uns ihnen gegenüber als ungastliche oder sogar rassistische Gesellschaft zeigen." Der Wohlstand auch in Ostdeutschland beruhe zu einem wesentlichen Teil auf Weltoffenheit.

Schutz des Fremden 

Kramer betonte, dass Christentum und Fremdenfeindlichkeit einander ausschließen. "Und doch wissen wir, dass einige Kirchenmitglieder gegenüber neurechtem Gedankengut nicht vollständig immun sind", sagte der leitende Geistliche an der Spitze der mitteldeutschen Kirche, zu der rund 638.000 Christen in Sachsen-Anhalt und Thüringen angehören. Eine zentrale Botschaft der Bibel jedoch sei die Nächstenliebe und der Schutz des Fremden.

Quelle:
epd