DOMRADIO.DE: Sind auch Ihre Mitglieder bei den Protesten mit dabei?
Sarah Schulte-Döinghaus (Bundesvorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung): Ja, mit Sicherheit. Als junge Menschen, die in der Landwirtschaft aktiv sind, liegt uns die Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft am Herzen. Dafür brauchen wir Planungssicherheit und nach wie vor Geld vom Staat. Aber mit den Kürzungen können wir nicht mitgehen, denn sonst haben wir keinerlei Möglichkeiten, zukünftig Lebensmittel in Deutschland zu produzieren.
DOMRADIO.DE: Befürworten Sie die Proteste generell, auch wenn geplante Kürzungen schon entschärft wurden?
Schulte-Döinghaus: Grundsätzlich schon. Es ist wichtig, dass wir hervorheben, was die letzten Jahre für die Landwirtschaft und für die Landwirtinnen und Landwirte bedeutet hat. Es sind ja nicht nur die KFZ-Steuer und die Agrar-Diesel-Subvention, die auf die Landwirtschaft zukommen.
Über die letzten Jahre ist an unterschiedlichen Stellen mehr Bürokratie dazu gekommen. Viele Dinge sind verschärft worden. Die Empfehlungen der Zukunftskommission oder der Borchert-Kommission sind zum Beispiel nicht umgesetzt worden. All diese Dinge belasten die Landwirtschaft seit Jahren.
Ich komme selbst vom Hof, den mein Bruder übernommen hat und wir wissen, wie schwer das ist. Tagtäglich muss man überlegen, ob der Betrieb noch eine Zukunft hat oder ob man aufgeben muss.
Deshalb ist es wichtig, dass wir jetzt nochmal laut werden und klar machen, dass wir gesamtgesellschaftlich auch etwas dafür tun müssen, dass Landwirtschaft zukünftig in Deutschland noch möglich ist.
DOMRADIO.DE: Am vergangenen Donnerstag wurde im Namen der Bauern die Fähre, auf der sich unter anderem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck befunden hat, belagert. Es kam auch zu bedrohlichen Situationen. Mittlerweile weiß man, dass extremrechte Gruppierungen versuchen, die Bauern-Proteste für sich zu nutzen. Was spüren Sie in Ihrem Verband denn von rechten Strömungen, sowohl von innen als auch von außen?
Schulte-Döinghaus: Das geht natürlich gar nicht. Wir lehnen jegliche Bedrohung, Gewalt und Angriffe ganz klar ab. Wir lassen uns als landwirtschaftliche Jugendverbände nicht vor den Karren von rechten Menschen und antidemokratischer Hetze spannen. Das geht aus unserer Sicht nicht. Wir stehen für Demokratie und Vielfalt. Wir kämpfen ganz klar für eine bunte und zukunftsfähige Landwirtschaft in Deutschland.
Es ist falsch, Landwirtinnen und Landwirte sowie Menschen aus den ländlichen Räumen pauschal als rechts abzustempeln. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns als landwirtschaftliche Verbände, sowohl als Bauernverband aber auch als Landfrauenverband oder als Jugendverbände, klar dagegen wehren.
Bei den Demonstrationen zum Beispiel wollen wir sehr stark darauf achten, bei menschenverachtende Schildern oder Aussagen sofort einzuschreiten und klarzustellen, dass wir keinen Platz für rechten Hass haben.
DOMRADIO.DE: Wie kann man an Tagen des öffentlichen Protestes denn ganz praktisch verhindern, dass sich rechte Hetzer unter die Landwirte mischen?
Schulte-Döinghaus: Man muss vor allen Dingen aufmerksam sein. Die Menschen, die an den Demonstrationen beteiligt sind, müssen schauen, wer neben ihnen demonstriert und mit welchen Aussagen demonstriert wird. An dieser Stelle muss man den Mut haben und dafür einstehen, dass Leute mit extremer Meinung auf unseren Demonstrationen nicht willkommen sind.
Das kann man auch immer bei einem Veranstalter oder einer Veranstalterin der Demonstration melden und entsprechend einschreiten. Wenn wir uns nicht dagegen wehren, spannen sie uns eben doch vor ihren Karren. Das wollen wir nicht.
Wenn man mal exemplarisch ins Parteiprogramm der AfD schaut, sieht man, dass diese Partei die Landwirtschaft nicht unterstützt. Laut dem Parteiprogramm soll es zum Beispiel konsequent gar keine Subventionen mehr geben. Die sagen jetzt vielleicht, dass sie deutsche Landwirtschaft wollen. Aber in ihrem Parteiprogramm steht etwas ganz anderes.
Das müssen wir direkt aushebeln und bei den Demonstrationen, die heute stattfinden und auch in den nächsten Tagen noch kommen werden, klar und transparent machen, dass sie nicht zu uns gehören.
Das Interview führte Dagmar Peters.