DOMRADIO.DE: Für wen setzen Sie den Kältebus in Bewegung, wenn bei Ihnen das Telefon klingelt?
Melanie Krauss (Freunde der Kölner Straßen und ihrer Bewohner e.V.): Wir sind bei Minusgraden grundsätzlich unterwegs und haben das Notfalltelefon geschaltet. Uns rufen Passanten an, die obdachlose Menschen sehen, die zum Beispiel keinen Schlafsack haben oder dünn gekleidet sind.
Menschen aus der "Nachbarschaft" von Obachlosen rufen an, weil sie sich Sorgen um jemanden machen, um den sie sich kümmern. Sie möchten dann wissen, was sie tun können, ob wir nicht mal verbeikommen können oder ob vielleicht sogar ein Notarzt gebraucht wird.
Solche Dinge können wir am Telefon besprechen und fahren dann auch gegebenenfalls hin und schauen uns das Ganze vor Ort an, immer bei Minusgraden sind wir unterwegs.
DOMRADIO.DE: Sie sind auch persönlich mit dem Kältebus unterwegs. Was haben Sie denn da erlebt? Wer hat Sie gerufen?
Krauss: Es kommen verschiedenste Anrufe rein. Es rufen Menschen an, die sich Sorgen um Obdachlose auf der Straße machen, weil die einen Schlafsack benötigen, da ihrer bei diesen Minusgraden zu dünn ist.
Oder wir geben auch mal eine heiße Suppe aus, vermitteln an die Notschlafstelle. Wir rufen dann ein Taxi und zahlen das, um die Person, wenn sie denn möchte, in die Notschlafstelle bringen zu lassen.
DOMRADIO.DE: Was können Sie noch für die Leute auf der Straße tun?
Krauss: Wir haben Fieberthermometer dabei, um die Temperatur zu messen. Wir schauen, wie es der Person geht. Kann sie die Nacht da, wo sie liegt, gut überstehen? Oder wir entscheiden, dass das nicht geht. Dann müssen wir einen Krankenwagen rufen.
DOMRADIO.DE: Wie werden denn die Helfer für Kältebusse geschult, um sicherzustellen, dass man auch richtig reagiert und die Situation einschätzen kann?
Krauss: Wir machen das alle rein ehrenamtlich. Wir sind aber gerade bei den Bereitschaftsdiensten "alte Hasen" auf der Straße, die das gut einschätzen können. Passanten rufen uns auch an. Da ist es nicht immer so leicht einzuschätzen, ob die Person überhaupt Hilfe möchte.
DOMRADIO.DE: Eigentlich muss in Deutschland niemand auf der Straße schlafen, heißt es immer. Aber manche wollen einfach draußen bleiben?
Krauss: Das Problem sind die Mehrbettzimmer. Da sind vielleicht acht Personen untergebracht und es wird untereinander geklaut. Die Leute sagen dann, dass sie das möchten, dass ihnen etwas weggenommen wird. Sie möchten nicht beklaut werden.
Oder man kann den Hund nicht mitnehmen. Alles das sind Gründe, nicht in Notschlafstellen zu gehen.
DOMRADIO.DE: Sie machen das alles ehrenamtlich. Wie funktioniert denn die Finanzierung und wie koordinieren Sie das? Welche Unterstützung haben Sie da?
Krauss: Wir machen das rein ehrenamtlich. Wir bekommen Geldspenden und auch Sachspenden. Gerade jetzt werden 40 Schlafsäcke angeliefert, die von einer Nachbarschaftsgemeinschaft gesammelt wurden.
Wir werden da sehr gut unterstützt. Firmen unterstützen uns mit Geldspenden, weil wir uns rein ehrenamtlich finanzieren. Wir sind auch die einzigen, die nachts unterwegs sind. Egal, ob wir mit unserem Kältebus oder mit privaten PKWs unterwegs sind, um in die Viertel zu unseren obdachlosen Gästen zu fahren und vor Ort zu helfen. Da sind wir die Institution hier in Köln.
Uns rufen wirklich alle an: die Winternothilfe, die Notschlafstätten, Polizei und Feuerwehr. Alle rufen alle an und wir versuchen dann zu helfen.