Die Friedhofspflicht besagt, dass Verstorbene ausschließlich auf einem Friedhof oder auf speziell ausgewiesenen Begräbnisflächen bestattet werden dürfen. Angehörige dürfen also etwa eine Urne mit Totenasche nicht mit nach Hause nehmen.
Spranger äußerte sich beim digitalen Salon des Kuratoriums Immaterielles Erbe Friedhofskultur. Er verwies auf ein Dokument des Vatikans vom Dezember, demzufolge Angehörige unter bestimmten Voraussetzungen einen kleinen Teil der Asche erhalten dürfen, um sie an einem Ort aufzubewahren, der für die Geschichte des Verstorbenen bedeutsam ist. Weiterhin dürfen Katholikinnen und Katholiken die Asche von Verstorbenen demnach nicht verstreuen.
Leerständen auf Friedhöfen sei daher eher unbegründet
Nach Erfahrungen in anderen Ländern kämen 80 bis 90 Prozent der Urnen, die Menschen zunächst mit nach Hause genommen hätten, nach kurzer Zeit doch auf Friedhöfe, fügte Spranger hinzu: "Dann hatten die Menschen noch Gelegenheit, sich zu verabschieden." Eine Sorge vor Leerständen auf Friedhöfen sei daher eher unbegründet.
In den vergangenen Jahren sei das entscheidende Argument deutscher Gerichte für die Friedhofspflicht gewesen, dass Nachbarn vor psychischen Schäden geschützt werden müssten. Gerade im urbanen Raum wüssten Nachbarn allerdings oft nicht einmal, wer nebenan wohne, gab der Wissenschaftler zu bedenken. Und: "Ein reines Unwohlsein reicht nicht aus", vielmehr müssten Nachbarn unter einer verwahrten Urne derart leiden, dass ihre staatlich garantierte Unversehrtheit gefährdet sei.
Wunsch verfassungsrechtlich schützen
Wichtig sei, dass der Wunsch einzelner Menschen verfassungsrechtlich geschützt und daher zu respektieren sei, betonte Spranger. "Wenn es der erklärte Wunsch des Verstorbenen war, dass die Urne nach Hause auf den Kaminsims kommt, kann man das nicht einfach beiseite wischen." Menschen seien im Leben "exzessiv unterschiedlich", und dies müsse man auch postmortal respektieren.