Malteser bringen Jugendlichen Benehmen bei

Denn Nächstenliebe beruht auf Achtung, Respekt und Rücksicht

Die Malteser im Bistum Essen bieten mit dem Projekt "Dein perfekter Auftritt" Benimmunterricht für Jugendliche an. In praktischen Rollenspielen lernen die Teilnehmer gutes Benehmen und Tischmanieren. Doch auch Werte spielen eine Rolle.

Autor/in:
Elena Hong
Jugendliche auf der Straße / © pixinoo (shutterstock)

DOMRADIO.DE: "Dein perfekter Auftritt" heißt ja das Projekt. Sie stehen dann also mit Jugendlichen an der Tür und zeigen denen, wie man die für andere aufhält? 

Heinrich Justus Gärtner (Malteser im Bistum Essen): So in das Detail gehen wir nicht. Ich glaube, das schaffen die Schüler dann, wenn sie wissen, dass es notwendig ist, auch alleine. Es geht vor allen Dingen darum, das Gesamtkonzept des guten Benehmens, die Hintergründe und dann aber auch die verschiedenen Ausprägungen den Jugendlichen näher zu bringen. 

DOMRADIO.DE: Was genau lernen denn die jungen Menschen da? 

Gärtner: Mein Training umfasst vier Unterrichtseinheiten, ein gemeinsames Abendessen und eine Feedbackrunde. In diesen vier Unterrichtseinheiten à 90 Minuten, also zwei Schulstunden, erarbeiten wir die Themen "Was ist gutes Benehmen, worauf basiert es, was macht den ersten Eindruck aus? Wie kann ich ihn beeinflussen? Was erwartet mich beim Vorstellungsgespräch und wie kann ich mich vorbereiten". Themen sind auch die Regeln des guten Benehmens bei Tisch, beim Restaurantbesuch oder bei Einladungen. Ich selbst lege Wert darauf, die Hintergründe zu erläutern und das in Rollenspielen praktisch zu üben. 

DOMRADIO.DE: Sie gehen dann richtig schick essen im Restaurant mit Drei-Gänge-Menü und allem, was dazu gehört? 

Gewöhnungsbedürftige Essmanieren / © Monkey Business Images (shutterstock)
Gewöhnungsbedürftige Essmanieren / © Monkey Business Images ( shutterstock )

Gärtner: Ja, weil wir sicherstellen wollen, dass die Schüler und Schülerinnen die Einzelelemente, die wir in der Schule besprochen haben, im Gesamtkontext umsetzen können. Das beginnt damit, dass der Mantel an der Garderobe aufgehängt wird und nicht über einen Stuhl gehängt wird. Und es endet nicht schon beim Smalltalk zu Beginn des Essens. 

DOMRADIO.DE: Was ist denn zum Beispiel eine gute Einstiegsfrage? Was lernen die Jugendlichen? 

Gärtner: Das ist natürlich immer situativ bedingt, aber es bietet sich gerade das Wetter an, die Frage, wie man zu dem Restaurant gekommen ist, wie es mit den Verkehrsmitteln geklappt hat, woher man den Einladenden kennt ... Also es sollen eben ganz allgemeine Fragen sein, die den Antwortenden nicht vor irgendeinen seelischen Zwiespalt bringen. 

Heinrich Justus Gärtner

"Es macht mir viel Freude, dass die Jugendlichen interessiert sind, daran teilzunehmen."

DOMRADIO.DE: Wie kommt das denn bei den Jugendlichen an? Machen die gerne mit oder finden die das altmodisch? 

Gärtner: Meine Erfahrung ist, dass sie das sehr gerne aufnehmen, sehr interessiert sind und aktiv mitarbeiten. Es ist je nach Charakter ein bisschen unterschiedlich: Der eine ist extrovertiert, macht sofort mit und ist begeistert dabei. 

Es gibt welche, die muss man ein bisschen bremsen. Und es gibt andere, die brauchen erst mal ne halbe Stunde, bis sie Vertrauen gefasst haben, um dann auch aktiv in die Rollenspiele einzusteigen und sich selber in dieses Training einzubringen. 

Aber insgesamt muss ich sagen und das macht mir viel Freude, dass die Jugendlichen wirklich interessiert sind, daran teilzunehmen.

DOMRADIO.DE: Das kommt mir ein bisschen selbstverständlich vor, dass man fragt, wie die Anreise war oder wie das Wetter ist. Ist das so, dass das heute im Elternhaus gar nicht mehr so vermittelt wird?

Gärtner: Ich habe schon den Eindruck, dass es weniger vermittelt wird. Teilweise, weil die Eltern sich bei den Regeln des guten Benehmens nicht wirklich sicher sind, sei es aber auch, dass sie eben aus einem anderen Kulturkreis kommen, in denen die Regeln des guten Benehmens eine andere Ausprägung haben. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass das gute Benehmen nur für einen Kulturkreis gilt. In anderen Kulturkreisen sieht es ein bisschen anders aus. Das ist nicht überall so präsent. 

DOMRADIO.DE: Haben Sie ein Beispiel? 

Gärtner: Ja, ein Beispiel, was mich sehr berührt hat. In einer Schule habe ich in einer Unterrichtseinheit über die Begrüßung gesprochen und habe klar gemacht, dass es da Abstände gibt, die man einhalten muss, dass man ungefähr einen Meter von seinem Gesprächspartner entfernt bleiben soll und die Hand reichen soll, wenn man das Gefühl hat, das ist gewünscht. 

Dann habe ich einen jungen Afghanen gebeten, das mit mir mal zu üben und mich spontan zu begrüßen. Und der junge Mann ist auf mich zugekommen. Hat mich in den Arm genommen. Das war wirklich nett, aber zeigte eben, dass er es anders gelernt hatte, weil es woanders anders gehandhabt wird. 

Heinrich Justus Gärtner

" Nächstenliebe beruht auf Achtung, Respekt und Rücksicht."

DOMRADIO.DE: Vielleicht würde man es von den Maltesern gar nicht erwarten, so einen ehrenamtlichen Service anzubieten. Inwiefern hat das Projekt denn trotzdem einen christlichen Auftrag aus Ihrer Sicht? 

Gärtner: Die Malteser vermitteln ja christliche Grundwerte. Sie praktizieren Nächstenliebe, und die beruht auf Achtung, Respekt und Rücksicht. Und Achtung, Respekt und Rücksicht sind laut Knigge die Werte, die die Regeln des guten Benehmens aufbauen. Und mit der Vermittlung dieser Werte erleichtern und helfen sie jungen Menschen, ihre Rolle in der Gemeinschaft und in der Gesellschaft zu übernehmen. 

Das Interview führte Elena Hong.

Quelle:
DR