Ratzinger-Schüler sieht keinen Grund gegen Frauenweihe

"Veränderungen sind ein Zeichen von Vitalität"

Wolfgang Beinert ist ein gestandener Theologe und Herausgeber des "Lexikons der katholischen Dogmatik" sowie ein Schüler von Joseph Ratzinger. Mit 90 Jahren bricht er nun eine Lanze für die Frauen in der Kirche.

Junge Frauen, die ihren Kopf mit weißen Tüchern vor der Sonne schützen, beim Angelus-Gebet auf dem Petersplatz im Vatikan / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Junge Frauen, die ihren Kopf mit weißen Tüchern vor der Sonne schützen, beim Angelus-Gebet auf dem Petersplatz im Vatikan / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Der Regensburger Theologe und frühere Ratzinger-Schüler Wolfgang Beinert sieht keinen hinreichenden theologischen Grund gegen eine Priesterweihe für Frauen in der katholischen Kirche.

Wolfgang Beinert, Theologe, emeritierter Professor und Publizist, in Pentling am 20. Januar 2023. / © Barbara Just (KNA)
Wolfgang Beinert, Theologe, emeritierter Professor und Publizist, in Pentling am 20. Januar 2023. / © Barbara Just ( KNA )

Auch das oft zitierte Papstschreiben "Sacerdotalis ordinatio" Johannes Pauls II. von 1994 habe nur die Geltungskraft einer Mitteilung, sagte Beinert der "Rheinischen Post" (Dienstag). Alle Argumente darin seien, "um es vorsichtig zu sagen, schwach und stehen auf sehr tönernen Füßen".

Von der großen Mehrzahl ernstzunehmender Theologen würden sie darum auch nicht akzeptiert, sagte Beinert. Der einzige Grund für die Verweigerung einer Priesterinnenweihe sei die Tradition. Diese sei aber nicht gottgegeben, sondern von Menschen in etlichen Jahrhunderten so geschaffen worden, argumentiert der 90-Jährige.

Dringende Reform des Priesteramtes nötig

Johannes Paul II., dem Papst aus Polen, wirft Beinert einen versuchten Rollback der Vorhaben des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) vor; unter anderem im Sinne einer überholten Sexualmoral. Beinert fordert darüber hinaus eine dringende Reform des Priesteramtes: "Es wäre doch überhaupt nichts gewonnen, wenn heute auch Frauen einfach nur geweiht werden dürfen, und alles andere bliebe beim Alten." Mit Frauen als Priester müsse die Hierarchie in der Kirche vollkommen neu bedacht werden.

Zu einem historischen Vorbild des Frauenpriestertums, Maria Magdalena, sagte der Marienforscher: "Man könnte ein wenig zugespitzt formulieren: Wenn Maria von Magdala nicht vom auferstandenen Jesus beauftragt worden wäre, die Osterbotschaft zu verkünden, dann wüssten wir sie heute noch nicht."

Katholische Kirche am Scheideweg?

Der einstige Ratzinger-Schüler sieht die katholische Kirche an einem Scheideweg: "Entweder sie bleibt dort, wo sie jetzt ist - dann wird sie zumindest auf der nördlichen Halbkugel zu einer großen Sekte verkümmern. Oder sie geht den Weg der Reformen; dann kann ihre wunderbare Botschaft wieder aufblühen."

Reformen bräuchten aber Zeit, so Beinert; und da sei der Synodale Weg in Deutschland für die Gesamtkirche wie eine kalte Dusche gewesen. Aber: "irgendeiner musste anfangen", so Beinert. "Diesmal war es die katholische Kirche in Deutschland. Und der, der zum ersten Mal etwas anderes macht, wird meistens verdammt."

Veränderungen sind ein Zeichen von Vitalität

Der Kirche schreibt der 90-jährige Dogmatiker ins Stammbuch: "Wir müssen immer wieder neu lernen. Veränderungen sind ein Zeichen von Vitalität. Den Status, an dem sich nichts ändert, nennen wir Tod. Wenn ich mich Veränderungen verweigere, stehe ich langsam, aber kontinuierlich auf der Seite der Verlierer."

Wolfgang Beinert wurde 1933 in Breslau geboren. Er studierte Theologie und Philosophie in Bamberg und Rom, wo er 1959 zum Priester geweiht wurde. 1972 wurde er Professor für Dogmatik in Bochum, ab 1998 in Regensburg. Beinert ist Herausgeber des "Lexikons der katholischen Dogmatik" und des "Handbuchs der Marienkunde". Zu seinen jüngeren Veröffentlichungen zählt das Buch "Kann man dem Glauben trauen?" 

Quelle:
KNA