Für ForuM-Studie gab es keine Daten aus Personalakten

Missbrauchsstudie zeigt nur "Spitze des Eisbergs"

Nach Recherchen des WDR-Magazins Monitor zeigt eine neue bundesweite Studie zu Missbrauchsfällen in der evangelischen Kirche nur die Spitze eines Eisbergs. Die Studie soll am Donnerstag vorgestellt werden.

Akten in einem Archiv / © Julia Steinbrecht (KNA)
Akten in einem Archiv / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Laut Monitor haben beteiligte Forscher bereits intern beklagt, dass sie für die Erhebung der Gesamtzahlen auf Daten aus Personalakten verzichten mussten. Auch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) liegen entsprechende Informationen vor. Demnach konnte in fast allen Landeskirchen nur auf die Disziplinarakten, aber nicht auf die umfassenderen Personalakten zurückgegriffen werden.

Die erste bundesweite Studie zu sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und in der Diakonie wird am Donnerstag von einem unabhängigen Forscherteam in Hannover vorgestellt. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, hatte mehrfach betont, dass sie von weit mehr Fällen als von den 900 bisher bekannten Missbrauchsopfern ausgeht. Auch andere Beobachter gehen davon aus.

Wie aus Beobachterkreisen zu erfahren war, stand den Autoren der EKD-Studie eine geringere Stichprobe zur Verfügung als den Wissenschaftlern, die vor gut fünf Jahren die MHG-Studie der katholischen Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht hatten. Damals konnten die Forscher Daten aus 40.000 Personalakten berücksichten. 

Sechs Teilstudien

Die EKD hatte die Studie vor gut drei Jahren für rund 3,6 Millionen Euro in Auftrag gegeben. Die Forscher sollten alle Landeskirchen sowie die Diakonie mit einbeziehen. Die Studie enthält sechs Teilstudien, in denen Ursachen und Besonderheiten von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche untersucht werden. Auch Betroffene waren beteiligt. Ziel ist eine Gesamtanalyse evangelischer Strukturen und systemischer Bedingungen, die sexualisierte Gewalt begünstigen und ihre Aufarbeitung erschweren.

Für die katholische Kirche in Deutschland war 2018 eine Studie über Missbrauchsfälle in den Jahren 1946 bis 2014 veröffentlicht worden. Sie fand Hinweise auf bundesweit 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe und auf rund 1.670 beschuldigte Priester, Diakone und Ordensleute. Die Studie war ein Auslöser des katholischen Reformdialogs Synodaler Weg.

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist die Gemeinschaft der 20 evangelischen Landeskirchen in der Bundesrepublik. Wichtigste Leitungsgremien sind die EKD-Synode mit ihren Mitgliedern, die Kirchenkonferenz mit Vertretern der Landeskirchen sowie der aus ehrenamtlichen Mitgliedern bestehende Rat. Sitz des EKD-Kirchenamtes ist Hannover.

Synode der EKD / © Norbert Neetz (epd)
Synode der EKD / © Norbert Neetz ( epd )
Quelle:
KNA