Die enge Verflechtung von Karneval und Kirche in Köln ist nach Ansicht des katholischen Theologen Albert Gerhards ein hohes Gut. Sie fördere Toleranz und Respekt auf allen Seiten, schreibt er in einem Beitrag für das in Wien erscheinende theologische Online-Magazin feinschwarz.net (Montag). "Wie lange dies in den Zeiten massenhafter Kirchenaustritte noch aufrecht zu erhalten ist, wird sich zeigen."
Einzigartig in Köln
Gerhards zufolge ist die Symbiose zwischen närrischem Treiben und religiöser Tradition in der Domstadt am Rhein einzigartig. "Wohl wie in keiner anderen deutschen Stadt sind Karneval und Kirche miteinander verflochten." Das gelte nicht nur für die römisch-katholische Kirche, sondern auch für die evangelische und sogar für die jüdische Synagogengemeinde.
"Dass hier manches (noch) möglich ist, was andernorts längst der Vergangenheit angehört, mag der rheinischen Unbekümmertheit geschuldet sein, mit der so manches unter den Teppich gekehrt wird", so der Theologe. Zudem habe die Verbindung mit der besonderen Religiosität im Rheinland zu tun, bei der man mit Gott und den Heiligen "auf Du und Du" stehe. "Das Wohlgeordnete und das Närrische liegen hier nicht so weit auseinander, wie strenge Kirchenleute und Obrigkeiten sich dies gewünscht hätten."
Ursprung im Kloster
Als Beispiel für konkrete Verflechtungen zwischen Karneval und Kirche nennt Gerhards den Ursprung des närrischen Treibens. Es habe seine Wurzeln in den mittelalterlichen Bräuchen der "verkehrten Welt", in denen die bestehende Ordnung in klösterlichen Gemeinschaften für kurze Zeit auf den Kopf gestellt worden sei.
Der Karnevalszug führe Traditionen kirchlicher Prozessionen fort, erklärt der Liturgiewissenschaftler. Viele Akteure des Sitzungskarnevals wie Redner und Musikgruppen entstammten dem Pfarrkarneval. Ausdruck der Symbiose ist laut Gerhards auch der alljährliche ökumenischen Gottesdienst zur Eröffnung des Karnevalssession im Kölner Dom.