Der Vatikan war nach Angaben der ungarischen Regierung nicht an der Begnadigungs-Affäre beteiligt, die zum Rücktritt der ungarischen Präsidentin Katalin Novak geführt hat. Der für internationale Kommunikation zuständige Staatssekretär Zoltan Kovacs teilte am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) auf Anfrage mit, das ungarische Staatsoberhaupt habe über die Begnadigung entschieden, ohne darüber mit dem Heiligen Stuhl oder dem Papst zu kommunizieren.
Papstbesuch als Anlass
Wörtlich erklärte Kovacs: "Die Präsidenten der ungarischen Republik machen von Zeit zu Zeit von ihrem Begnadigungsrecht Gebrauch, oft zu besonderen Anlässen oder Feiertagen. Der Besuch von Papst Franziskus im April 2023 war ein solcher Anlass."
Auf die Frage, ob es wegen der Namen der zu begnadigenden Personen einen Austausch mit dem Vatikan gegeben habe, erklärte der Staatssekretär, dass Staatsoberhäupter in "Begnadigungsfällen selbstständig entscheiden, ohne mit Außenstehenden wie etwa dem Heiligen Stuhl oder dem Papst darüber zu kommunizieren. Dies war natürlich auch der Fall in Ungarn."
Missbrauchsvertuschung
Novak hatte im April 2023 anlässlich des Besuchs von Papst Franziskus in Ungarn den stellvertretenden Direktor eines Waisenhauses teilweise begnadigt. Der Mann war in Ungarn verurteilt worden, weil er an der Vertuschung von Missbrauchsfällen in dem Heim beteiligt war. Der Heimleiter wurde damals wegen aktiver Beteiligung am Missbrauch zu acht Jahren Gefängnis verurteilt, sein Stellvertreter wegen Vertuschung zu drei Jahren und vier Monaten.
Diese Haftstrafe war durch die Begnadigung um neun Monate verkürzt worden. Die Nachricht von der Begnadigung des Stellvertreters löste in den vergangenen Monaten eine Empörungswelle in ungarischen Medien aus. Am Samstag erklärte Novak ihren Rücktritt als Staatspräsidentin.