Theologe Tück kritisiert neues Gremium im Bistum Essen

"Vorpreschende Alleingänge"

Mehr Beteiligung ist das Ziel eines neuen Gremiums aus Geistlichen und Laien im katholischen Bistum Essen. Theologe Jan-Heiner Tück kritisiert die Einberufung als Vorpreschen und warnt vor einem Affront gegenüber Vatikan und Papst.

Jan-Heiner Tück (privat)
Jan-Heiner Tück / ( privat )

Der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück kritisiert den Essener Bischof Franz-Josef Overbeck für dessen neu eingerichtetes Gremium aus Geistlichen und Laien. "Vorpreschende Alleingänge, ob auf diözesaner oder nationaler Ebene"», seien nicht zielführend, schreibt Tück auf dem von ihm verantworteten theologischen Portal communio.de in einem Text am Samstag.

Overbeck hatte am Donnerstag angekündigt, im April nehme ein "Gemeinsamer Rat" aus Klerikern und Laien im Ruhrbistum seine Arbeit auf. Das neue, synodal geprägte Gremium mit 21 stimmberechtigten Mitgliedern aus anderen Gremien und Gruppen im Bistum werde den Bischof bei Grundsatzfragen beraten.

Nutzt das Bistum eine Lücke?

Tück verwies darauf, dass der Vatikan mehrfach betont habe, das Reformprojekt Synodaler Weg in Deutschland sei "nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtung der Lehre und der Moral zu verpflichten". Zudem gebe es die Anweisung, "dass weder der Synodale Weg noch ein von ihm eingesetztes Organ noch eine Bischofskonferenz die Kompetenz haben, den 'Synodalen Rat' auf nationaler, diözesaner oder pfarrlicher Ebene einzurichten".

Tück fügte hinzu, dass der Vatikan dabei nicht ausdrücklich den Ortsbischof und das Bistum genannt habe: "Ist die Leerstelle von Rom absichtlich gesetzt? Oder will man in Essen die Lücke in der Stellungnahme unbotmäßig ausnutzen - nach der Devise: Was dem Synodalen Weg oder der Bischofskonferenz verboten ist, das muss dem Bischof einer Diözese erlaubt sein."

Dezentralisierung oder Zersplitterung

Auch falle auf, so Tück weiter, dass das neue Gremium in Essen nicht "Synodaler Rat", sondern "Gemeinsamer Rat" heiße: "Glaubt man, durch den Trick einer solchen Umbenennung von der Serie der römischen Einsprüche nicht mehr getroffen zu werden?"

Die Mehrheit der Bischöfe in Deutschland habe angekündigt, sich freiwillig an die Voten von gemischt besetzten Synodalräten binden zu wollen. Dabei aber seien Loyalitätskonflikte mit dem Gehorsam des Bischofs gegenüber dem Papst fast zwangsläufig zu erwarten, ergänzte Tück. Aus einer "heilsamen Dezentralisierung" könnte so "eine heillose Zersplitterung folgen, wenn es Schule macht, dass sich Bischöfe über ausdrückliche Voten des Papstes hinwegsetzen".

"Nicht gegen, nur mit Rom"

Kritisch bemerkt Tück, dass Overbeck mit dem neuen Gremium Fakten schaffen wolle, bevor der Synodale Prozess der Weltkirche im Oktober mit der zweiten Phase endet: "Die Förderung einer synodalen Partizipationskultur in Deutschland wird nicht gegen, sondern nur mit Rom vorankommen."

Fahrplan der vom Papst ausgerufenen weltweiten Synode

Papst Franziskus hat einen weltweiten synodalen Prozess eröffnet. Um die Kirche insgesamt synodaler zu machen, soll über die für Herbst 2023 in Rom geplante Bischofssynode zunächst auf diözesaner, dann auf kontinentaler Ebene beraten werden. Thema der Beratungen ist "Eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation, Mission". Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) dokumentiert den Zeitplan:

9./10. Oktober 2021: Im Vatikan eröffnet Papst Franziskus mit Reflexion, Gebet und Messe die Synode; sie trägt den Titel "Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation und Mission"

Papst Franziskus hält einen Rosenkranz beim Gottesdienst zum Abschluss der Weltsynode / © Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus hält einen Rosenkranz beim Gottesdienst zum Abschluss der Weltsynode / © Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA