Vatikankenner erklärt Fastenzeit-Gebote damals und heute

"Dieses Gesöff bricht die Fastenzeit nicht"

Wie haben die Päpste früher gefastet, wie fastet Papst Franziskus und was gilt heute? Vatikanexperte Ulrich Nersinger liefert Antworten und verrät, auf was die Gläubigen nicht verzichten mussten, weil es dem Papst nicht schmeckte.

Symbolbild Fastenzeit / © vetre (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Fangen wir mit der Liturgie an. Gibt oder gab es da besondere liturgische Bräuche?

Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Buchautor): Ja, wir kennen den sogenannten Stationsgottesdienst. Ältere Hörer und Hörerinnen werden sich vielleicht erinnern, dass in dem alten Gotteslob, Oremus, immer für die Fastenzeit an jedem Tag die Stationskirche stand.

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )

Es kommt daher, dass früher der Papst in alten Zeiten mit den Gläubigen von einer Kirche zur anderen zog und dort mit ihnen die Eucharistie feierte. Daraus entstand das, was wir heute als unser Pontifikalamt, als unsere Bischofsmesse, kennen. 

Dann gibt es noch einen liturgischen Brauch am "Laetare-Sonntag". Aber ich denke, da werden wir dann an Laetare selbst drauf zu sprechen kommen.

DOMRADIO.DE: Wie war das? Wer hielt dem Papst die Fastenpredigten?

Ulrich Nersinger

"An vier Tagen hielt dann ein Mann aus dem Ordensstand dem Papst eine Fastenpredigt."

Nersinger: Das war der sogenannte "Apostolische Prediger". Heute heißt er "Prediger des Päpstlichen Hauses". An vier Tagen hielt dann ein Mann aus dem Ordensstand dem Papst eine Fastenpredigt. Der Papst wurde so selber zum Zuhörer und war nicht nur derjenige, der dann die Heilige Schrift auslegte.

DOMRADIO.DE: Welche besondere Speisen und Getränke wurden vom Papst in der Fastenzeit denn erlaubt?

Nersinger: Da gibt es einige Besonderheiten. Da gibt es zum Beispiel die Schokolade, also den Kakao. Das war damals ein ganz neues Getränk und man wusste nicht, wie man damit umgehen sollte und hatte dem Papst also auch einen Kakao, eine Schokolade, zubereitet. 

Nachdem dieser den Kakao zu sich genommen hatte, war er sehr entsetzt. Berichte sagen, dass er ihn sogar ausgespuckt habe und dann das Urteil gefällt habe: "Dieses Gesöff bricht die Fastenzeit nicht." 

Ulrich Nersinger

"Es war ein alter Grundsatz, dass Flüssiges nicht das Fastengebot bricht."

Symbolbild: Ein Bier in einem Glas / © givaga (shutterstock)
Symbolbild: Ein Bier in einem Glas / © givaga ( shutterstock )

Ähnliches wird zum Starkbier, das aus Deutschland kam, vom Papst berichtet. Auch das war durch die lange und doch große Strecke, die es hinter sich legen musste, nicht mehr im besten Zustand. Darüber wird ein ähnliches Urteil des Papstes gefällt worden sein. 

Aber im Grunde kann man sagen, es war ein alter Grundsatz, dass Flüssiges nicht das Fastengebot bricht.

DOMRADIO.DE: Gab es mal einen Papst, der durch besondere Fastenrituale aufgefallen ist?

Nersinger: Im Großen und Ganzen nicht. Es gab Päpste, die hielten sich natürlich auch an einen gewissen Trick. Die Mönche in früherer Zeit waren auf die Idee gekommen, Vögel und Geflügel nicht als unter die Fastengebote zu fallende Tiere einzuordnen, sondern unter die Wassertiere. Denn Fische waren erlaubt. 

Das ging dann so weit, dass man sogar den Biber zu sich nehmen konnte. Der Biber hat ja einen geschuppten Schwanz, und da hat man gesagt, das ist ein Wassertier, das kann man in der Fastenzeit durchaus zu sich nehmen.

Dann gibt es einen Trick, den man aus Schwaben kommend angewandt hat: In den schwäbischen Maultaschen ist ja Fleisch eingebunden. Dahinter steckte der etwas naive Gedanke, den lieben Gott reinzulegen. Das zeigt sich im Volksmund, der dieser Speise die Bezeichnung "Herrgottsbscheißerle" gab.

Ulrich Nersinger

"Die Fastengebote gelten nicht für kranke und alte Leute."

DOMRADIO.DE: Wissen Sie, auf was Papst Franziskus in der Fastenzeit verzichtet?

Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Nersinger: Das wissen wir nicht. Wir müssen auch bedenken, dass diese Fastengebote für kranke und alte Leute im Grunde nicht gelten. Und ich denke, das wird auch auf den Papst zutreffen. Vielleicht hält sich der Papst ja bei einem Getränk, das er bevorzugt, ein bisschen zurück: den Mate-Tee.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Historische Fastenzeiten

Es ist allgemein bekannt, dass die christlichen Kirchen sechs Wochen vor Ostern eine Fastenzeit  begehen. Früher gab es erheblich mehr Zeiten, in den Fasten vorgeschrieben war. Ein Rückblick.

Symbolbild zur Fastenzeit (shutterstock)
Quelle:
DR