DOMRADIO.DE: Sind Sie noch im Motivationstief und haben erst mal die Nase vom Pilgern voll?
Beate Steger (Pilgerexpertin): Nein, überhaupt nicht. Ich habe meinen Pilgerausweis vom Elisabethpfad angeschaut. Der ist ja sozusagen noch halb leer. Er ist nur zur Hälfte gefüllt. Aber ich denke schon wieder darüber nach, wann ich den Rest machen kann und bis nach Marburg laufe.
DOMRADIO.DE: Das Fastenexperiment ist nicht geglückt. Sie sind zwar weiter gepilgert, haben das Fasten aber gelassen. Das nächste Mal gehen Sie dann den Elisabethpfad mit Essen, oder?
Steger: Das auf jeden Fall. Das Fasten habe ich nicht abgeschrieben. Ich liebäugele gerade mit einer fünftägigen Fastenkur auf eigene Faust.
Aber die werde ich dann zu Hause machen. Ganz sicher. Ich werde dabei nicht einen zehn Kilo-Rucksack durch die Gegend tragen und 25 Kilometer laufen.
Das würde ich dann zu Hause machen und beim Pilgern das Abendessen und auch das Frühstück genießen, bevor es losgeht. Das macht schon einen Teil der Motivation aus.
DOMRADIO.DE: Alle sind mal in einem Motivationstief. Das passiert auch vielen Menschen, die fasten. Man hält es nicht durch, fühlt sich wie ein Versager. Sind wir da manchmal zu streng mit uns?
Steger: Ich denke schon. Ich glaube, dass ganz viele Menschen auch ein perfektionistisches Gen in sich tragen. Ich kenne das von mir auch.
Ich habe immerhin zwei Tage mit fürchterlichen Kopfschmerzen durchgehalten. Bis ich dann gemerkt habe, dass es keine Sinn macht. Entweder muss ich aufhören zu pilgern oder aufhören zu fasten. Dann habe ich dafür entschieden, mit dem fasten aufzuhören.
DOMRADIO.DE: Sie hätten auch mit beidem aufhören können.
Steger: Das stimmt. Aber ich weiß, was das Pilgern mir gibt. Das merke ich jetzt auch wieder, wo ich Zuhause bin. Ich schmiede schon Pläne, auch was ich beim nächsten Mal ändern will.
Ich hatte letzte Woche jede Menge Rohkost dabei, weil ich mit diesem Fastenpilgern wenigstens mit Rohkost ein bisschen was machen wollte. Doch dadurch war mein Rucksackgewicht so hoch.
Ich will mich auch in der Hinsicht daran machen, in Zukunft mit weniger Gewicht zu laufen. Das ist sowieso ein Problem bei mir, dass ich meinen Rucksack immer voll mache. Dabei predige es immer anderen, die sich fürs Pilgern interessieren, das nicht zu tun.
Von daher habe ich wieder viele gute Vorsätze, wie ich das machen möchte. Das bringt mich auch dazu, schon wieder über die nächste Pilgertour nachzudenken.
DOMRADIO.DE: Warum können Sie sich trotz der Erfahrungen von vergangener Woche nun doch wieder vorstellen zu pilgern? Was motiviert Sie?
Steger: Zum einen ist es dieses einfache Leben: schlafen, essen, laufen. Ich fotografiere auch immer viel während des Pilgern oder filme, weil ich darüber ja auch beruflich berichte. Aber trotzdem ist es eine reduzierte Lebensweise.
Morgens, wenn man aufsteht, weiß man, man läuft heute bis dahin und das ist das Ziel des Tages. Dieses Einfache finde ich ganz großartig.
Zudem bin ich unheimlich gerne draußen. Ich erkunde unheimlich gerne Sachen am Wegesrand. Das sind nicht nur Kirchen, sondern es können auch Wegkreuze oder der Hintergrund dazu sein oder ich recherchiere, was es damit auf sich hat.
Ich bin einfach unglaublich neugierig auf das Leben und auf Geschichten um mich herum.
DOMRADIO.DE: Sie sehen auch Parallelen zwischen dem Pilgerweg und dem Lebensweg. Inwiefern?
Steger: Am letzten Tag der Tour war es folgendermaßen. Da bin ich ja 28 Kilometer gelaufen. Es hat immer wieder geregnet und es war ein langer Weg durch den Wald, ohne Einkehrmöglichkeiten.
Da habe ich so bei mir gedacht, dass es wie der Lebensweg ist: Es gibt Höhen, es gibt Tiefen. Ich hatte mittags eine tolle Burg entdeckt, die ich auch noch erkundet habe. Da konnte man auf den Turm der Ruine steigen und hatte einen wunderbaren Ausblick. Man hatte das Gefühl, es geht voran und alles ist gut.
Danach bin ich in ein Loch gefallen, weil die Herberge einfach nicht in Sicht kam. Ich musste immer weiterlaufen. Es wurde dann auch dunkel. Da dachte ich mir, das ist wie der Lebensweg auf so einen kurzen Moment verdichtet.
Es waren dann Momente dabei, wo ich gedacht habe, es möge bitte aufhören. Solche Momente kennt man ja auch aus dem eigenen Leben, dass man denkt "Oh Gott, wenn dieses Ereignis jetzt endlich vorbei ist, dann geht es mir wieder besser." So war das dann auch.
Am Abend in der Herberge, als ich die Schuhe ausziehen konnte, eine warme Dusche hatte und dann noch was essen gehen konnte, war es dann wieder großartig.
Das Interview führte Dagmar Peters.