Mit drastischen Worten hat ein vatikanischer Vordenker die Weltlage aus Sicht des Papstes beschrieben. "Der Bischof von Rom tritt in das zwölfte Jahr seines Pontifikats in einer dunklen Stunde ein", so Andrea Tornielli in einem am Mittwoch von Vatican News veröffentlichten Leitartikel.
Darin schreibt er: "Ohrenbetäubende Stille der Diplomatie. Ein Panorama, in dem politische Initiative fehlt und Führung, die auf den Frieden setzt. Ein wahnsinniger Rüstungswettlauf (...) Das ist das Szenario, in dem die einsame Stimme von Papst Franziskus dafür plädiert, die Waffen zum Schweigen zu bringen und Mut zum Frieden zu sammeln."
Nahe an Papst und Kardinalstaatssekretär
Tornielli (59) ist verantwortlich für die inhaltliche Linie aller Vatikan-Medien und gilt als Intellektueller, der nahe dran ist am Papst Franziskus und an Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. In dem Text zum Jahrestag interpretiert er das umstrittene Werben des Papstes für einen Verhandlungsfrieden mit den Worten: "Er ruft zu einem Schweigen der Waffen in dem tragischen Konflikt auf, der im Herzen des christlichen Europas ausgebrochen ist, in der von den russischen Aggressoren zerstörten und verwüsteten Ukraine."
Weiter schreibt Tornielli: "Das Schicksal der Menschheit liegt in der Hand von Machthabern, die unfähig sind, die Folgen ihrer Entscheidungen abzuschätzen und die sich in die vermeintliche Unvermeidlichkeit des Krieges schicken."
Der Papst sage "mit Klarheit und Realismus, dass 'derjenige stärker ist, der die Situation sieht, der an die Menschen denkt', das heißt, 'der den Mut hat zu verhandeln', denn 'verhandeln ist ein mutiges Wort', dessen man sich nicht schämen muss". Franziskus stelle "trotz aller Missverständnisse nah und fern weiterhin die Heiligkeit des Lebens in den Mittelpunkt".