Die frühere Linken-Politikerin und jetzige Vorsitzende der Partei BSW, Sahra Wagenknecht, verteidigt das Eintreten von Papst Franziskus für einen Waffenstillstand in der Ukraine.
"Wieso reagiert man derart überzogen, obwohl der Papst ausdrücklich von Verhandlungen spricht und nicht von einer bedingungslosen Kapitulation?", fragt Wagenknecht in einem Gastbeitrag für die Zeitung "Die Tagespost" (Donnerstag Online).
"In was für einer Gesellschaft leben wir, in der ein Oberhaupt der Katholischen Kirche sich für einen Appell zu Friedensgesprächen rechtfertigen muss - und nicht führende Politiker für ihr Unvermögen oder ihren Unwillen, zwei Kriegsparteien an einen Tisch zu bringen?"
"Verhandeln ist niemals ein Sich-Ergeben"
Wagenknecht zitiert die Interview-Aussage des Papstes: "Verhandeln ist niemals ein Sich-Ergeben. Es ist der Mut, das Land nicht in den Selbstmord zu führen." Auch sie selbst halte Verhandlungsbereitschaft nicht für ein Zeichen der Schwäche, vielmehr zeuge es von Stärke, den Mut zur Umkehr zu haben, wenn sich ein Weg als Sackgasse erwiesen habe.
Alle Waffenlieferungen des Westens hätten die Verhandlungsposition der Ukraine nicht verbessert, so die Vorsitzende des "Bündnisses Sarah Wagenknecht" (BSW) weiter. Selbst ukrainische Generäle gingen nicht mehr davon aus, den Krieg militärisch gewinnen zu können. Die USA zögen sich aus der Kriegsfinanzierung zurück und der Ukraine gingen die Soldaten aus. "Zu Verhandlungen gibt es also keine Alternative, sofern man keine NATO-Truppen schicken und damit einen Atomkrieg riskieren will."
Stellungskrieg beenden
In dieser Lage habe der Papst einen Anstoß gegeben, endlich einen grauenvollen Stellungskrieg zu beenden. Doch schon lange gelte es in Deutschland als anstößig, nicht nur von Russland, sondern auch von der Ukraine die Bereitschaft zu Verhandlungen einzufordern.
Der Papst steht nach Wagenknechts Worten für eine Verantwortungsethik, die sich an den realen Folgen des menschlichen Handelns orientiert. Dagegen herrschten hierzulande Gesinnungsethik, Schwarz-Weiß-Denken und die Dämonisierung Russlands. Wagenknecht: "Sicher kann man den russischen Überfall auf die Ukraine ein Verbrechen nennen. Doch wohin hat uns eine Politik geführt, die mit moralischer Inbrunst den bösen Angreifer verdammt, statt mit Vernunft über mögliche Kompromisse in einem Interessenkonflikt nachzudenken?"